Frankenthal Von der Marxstraße zum Blamageplatz

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Was sich mit dem „Öffler“ verbindet und was es mit dem Namen Blamageplatz auf sich hat – unter diesen Fragen geht die Ausgabe 2015 der Zeitschrift „Frankenthal einst und jetzt“ nach. Die Themen-Bandbreite der Aufsätze ist groß, der Schwerpunkt liegt bei der Zeitgeschichte und einigen aktuellen Themen.

Die Stadt unter neuem Blickwinkel kennenlernen: Das kann man mit Dieter Schiffmanns Aufsatz über den „Straßenkampf“ in Frankenthal. Um die teilweise heftigen Auseinandersetzungen über die Namen für Straßen und Plätze geht es, um Um- und Rückbenennungen, die Machtverhältnisse und politisch-kulturelles Klima widerspiegeln. Das ist spannend zu lesen, wenn etwa dargestellt wird, wie die linke Stadtratsmehrheit aus SPD und KPD 1947 ihre Leitfiguren im öffentlichen Raum zu verankern suchte – und die Ende 1948 neu gewählte Mehrheitsfraktion der FDP (!), hinter der auch alte Nazis standen, die „Rolle rückwärts“ probte. Die kurioseste Umbenennungsaktion hatte sich freilich bereits einige Jahre zuvor abgespielt, wie der Autor festhält: 1940 avancierte der Platz Bei den vier Ulmen kurzfristig zum Adam-Drays-Platz – bis sich herausstellte, dass der Namensgeber, ein angeblicher Ritterkreuzträger, ein Hochstapler war. Und so bekam der Platz still und heimlich seinen Traditionsnamen zurück; die Frankenthaler aber tuschelten noch lange über den „Blamageplatz“. Ein dank recht guter Quellenlage fundiertes Bild der „Eppsteiner Katholiken während der NS-Zeit“ zeichnet Stadtarchivar Gerhard Nestler, der auch verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift ist. Wir erfahren, dass die DJK von den Nazis zeitweise als „Zentrum des Widerstandes“ der damals noch selbstständigen Gemeinde betrachtet wurde. Nebenbei vermerkt der Autor, dass die Büste des früheren NS-Bürgermeisters immer noch im Foyer der – unter seiner Verantwortung nach dem Krieg erbauten – Grundschule stehe. Dass es vor 100 Jahren den ersten Luftangriff französischer Flieger auf Frankenthal und Ludwigshafen gab – unter anderem daran erinnert Volker Christmann in seiner Betrachtung einer aus heutiger Sicht fragwürdigen „patriotischen“ Kriegsausstellung 1915 im Erkenbert-Museum. Das Ausflugslokal „Öffler“ am Rhein nimmt Dieter König in den Blick, einen prägnanten Nachruf auf den verstorbenen Ex-Oberbürgermeister Jochen Riebel hat Alois Ecker beigesteuert. Ortwin D. Bernard und Paul Theobald erinnern an einen „Höhepunkt der Frankenthaler Fußballgeschichte“: als der VfR 1965 im Pokalwettbewerb die Runde der letzten 32 erreichte. Das 96 Seiten starke Heft, äußerlich jetzt mit stabilem Rücken praktischer als bisher gestaltet, enthält nicht nur etliche weitere Aufsätze, sondern auch eine „Frankenthaler Bibliographie 2010-2015“ und eine umfassende Stadtchronik 2014/15. INFO —Das Heft ist für 5,50 Euro zu haben am Infoschalter im Rathaus, Telefon 89-395, im Erkenbert-Museum, Telefon 89-535, und in der Buchhandlung Thalia. —Die Zeitschrift kann abonniert werden zum Preis von fünf Euro jährlich bei der Stadtverwaltung, Telefon 89-456 (Manuela Engel-Heil).

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