Frankenthal Schnecken-Post

Stehen Postzusteller so unter Zeitdruck, dass sie sich scheuen, Sendungen zuzustellen, wenn zum Empfänger im Haus längere Wege zurückzulegen sind? RHEINPFALZ-Leserin Ingrid Müller fragt sich das. „Unsere Zusteller arbeiten sehr gewissenhaft“, versichert die Deutsche Post AG.

Ingrid Müller wohnt im sechsten Stock eines Hauses im Frankenthaler Süden. Die Erfahrungen, die sie kürzlich mit mit der Post gemacht hat, findet sie erstaunlich. Ein im Versandhandel bestelltes Paar Einlagen für Schuhe, versandt als Nachnahmebrief, sei tagelang nicht bei ihr angekommen, berichtet sie. Den Fall zu klären sei ungewöhnlich mühsam gewesen. „Ich habe bei der Firma angerufen“, berichtet Müller. Eine freundliche Dame habe ihr versichert, die Ware sei schon vor acht Tagen in den Versand gegeben worden. Ob sie denn nicht zu Hause gewesen sei und ob sie keine Benachrichtigung im Briefkasten gefunden habe? „Leider nicht“, antwortete Ingrid Müller. Und sie sei in der fraglichen Zeit zu Hause gewesen. Könnte es also sein, dass sich der Postzusteller den Weg in den sechsten Stock einfach ersparen wollte? Heinz-Jürgen Thomeczek, für Rheinland-Pfalz zuständiger Pressesprecher der Post AG mit Sitz in Frankfurt, kann sich das nicht vorstellen. Nach der RHEINPFALZ-Anfrage habe man eigens die Zusteller vor Ort befragt, ob sich jemand an einen solchen Fall erinnern könne. „Dem war nicht so.“ Jeder Zusteller wisse: „Eine Nachnahme nicht zuzustellen, obwohl der Kunde anwesend war, zieht meistens eine Beschwerde nach sich. Diese wird dem Vorgesetzten gemeldet, und dieser fragt nach.“ Gingen solche Beschwerden vermehrt ein, werde der Mitarbeiter zuerst ermahnt und dann abgemahnt, hält Thomeczek fest. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Zustellung sind der erste Ansprechpartner der Kunden und das ,Aushängeschild’ des Unternehmens“, so der Post-Sprecher. Jede Beschwerde werde sehr ernst genommen. Dass bei Nichtantreffen des Kunden keine Benachrichtigung eingeworfen werde, sei unverständlich. Mögliche Erklärung: „Die Benachrichtigung ist im Briefkasten zwischen Werbung gerutscht und weggeworfen worden.“ Ingrid Müller wollte sich telefonisch bei der Post nach der vermissten Sendung erkundigen. Allein: Das ging nicht, „weil im Telefonbuch die Post nicht vorkommt. Sie finden keine Telefonnummer; die ist scheinbar streng geheim.“ Also ließ sich die gehbehinderte Bürgerin zur Frankenthaler Hauptpost in der Bahnhofstraße fahren und fragte nach dem Brief. Erste Reaktion am Schalter: „Dazu könne man mir ohne Benachrichtigung keine Auskunft geben.“ Nach einigem Hin und Her habe die Postmitarbeiterin dann doch nachgeschaut: Der Brief fand sich, und Ingrid Müller konnte ihn nach Vorlage ihres Ausweises in Empfang nehmen. Dass die örtliche Post nicht im Telefonbuch steht, habe Gründe, erklärt Pressesprecher Heinz-Jürgen Thomeczek. Schon zu Zeiten der „Bundespost“ seien die Eintragungen gestrichen worden. Denn wenn Schaltermitarbeiter durch Anrufe aufgehalten worden seien, habe das zu Beschwerden geführt. Stattdessen gebe es eine kostenfreie zentrale Telefonnummer (siehe „Info“); Mitteilungen würden an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Dazu komme in Frankenthal noch eine Besonderheit: Das „alte“ Postamt in der Bahnhofstraße sei keines mehr. Vielmehr arbeite hier ein Postbank-Finanzcenter (Betreiber: die Postbank-Besitzerin Deutsche Bank). Vertraglich geregelt sei, dass die Postbank an diesem Standort „für uns Postdienstleistungen anbietet“, so Thomeczek. Kritik an der zunächst reservierten Schaltermitarbeiterin will der Postsprecher nicht üben: Die habe sich im Grunde „vollkommen korrekt“ verhalten; am Ende habe „der gesunde Menschenverstand gesiegt“. Wichtig sei, dass „die Personalausweisnummer mit Unterschrift des Empfängers“ festgehalten werde. Nur so sei gesichert, dass es später „zu keinen Zwistigkeiten kommen kann“. (spi) .

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