Frankenthal RücK-SPiegel:

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Wasser ist zum Waschen da, falleri und fallera, auch zum Zähneputzen kann man es benutzen. Na ja, vielleicht nicht immer. Muss man halt Schorle nehmen, wie einige angesichts der möglichen Verunreinigung des Frankenthaler Trinkwassers am Donnerstagabend munter in den sozialen Netzwerken gescherzt haben. Aber Spaß beiseite: Wenn gegen Abend die Feuerwehr mit Lautsprecherwagen die Straßen abfährt und die Ansage mit „Achtung, Achtung“ beginnt, dann ist das schon auch ein bisschen gruselig. Dass Sorge schnell in Panik umschlägt, das zeigt der Ansturm auf die Wasservorräte in den Supermärkten. Dass Sorge ebenso schnell Verschwörungstheoretiker auf den Plan ruft, zeigen wiederum Äußerungen auf Facebook: Da war dann unter anderem zu lesen, dass die Probleme im Wasserwerk bestimmt mit dem Produktaustritt in der BASF am selben Tag zu tun hätten. Fakt ist: Allem Anschein nach hat die Krisenkommunikation bei den Stadtwerken, bei Polizei und Feuerwehr gut funktioniert. Auf vielen Kanälen inklusive der neuen Handy-App Katwarn waren umfassende Informationen verfügbar. Nur die Stadt, ja, die Stadt hatte auf ihrer eigenen Homepage bis gestern Nachmittag nicht eine Silbe zum Thema Trinkwasser veröffentlicht. Hm ... Die Griechen, die Italiener, die Polen, die Flüchtlinge, die Frankenthaler – das Über-den-Kamm-Scheren einer größeren Gruppe ist immer problematisch. Das zeigte der Besuch einer Delegation aus Frankenthal zum 25-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft mit Sopot in Polen am vergangenen Wochenende. Die Lehre: Nichts geht über den persönlichen Kontakt. Zumindest im Raum Danzig scheint der Widerstand gegen die maßgeblich vom Konservativen Jaroslaw Kaczynski betriebene Regierungspolitik groß zu sein. Direkt war nicht nur Sopots Stadtpräsident Jacek Karnowski. „Stupid“ – also dumm oder blöd – war eine von ihm gern und häufig benutzte Vokabel, wenn er privat von der aktuellen Politik der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) sprach. Bei offiziellen Anlässen drückte er sich gewählter aus, aber immer noch sehr deutlich. „Wir lassen uns von den alten Säcken nicht unterkriegen“, meinte auch der Betreuer der Frankenthaler Gruppe, Andreas Kasperski, zum Abschied. Dass Musik international ist, auch ohne Worte Brücken bauen kann, das zeigte das städtische Klaviertrio – Anna-Katharina Thoma, Tabea Simonis und Tiankai Yu – beim Partnerschaftsbesuch in Sopot. Unter anderem vor rund 5000 Menschen auf einer großen Waldbühne. Die Musiker erfuhren bei den Polen große Anerkennung. In Frankenthal ist Gerhard Bruder (Grüne) im Stadtrat und in den Ausschüssen immer für einen pointierten Wortbeitrag gut. In Polen fand er: Der Worte sind genug gewechselt. Und wechselte selbst ins Gesangsfach. Statt tragender Worte gab es also herzberührende Töne. Um Missverständnissen vorzubeugen: Bruder wurde nicht etwa bei der abendlichen feierlichen Zusammenkunft in einem Blockhaus wie der Barde bei Asterix an den Baum gebunden. Der Mut des Flomersheimers wurde mit internationalem Beifall belohnt. Nur das Delegationsmitglied aus Eppstein hielt sich ein bisschen zurück … Neuerdings muss im Anschluss an nichtöffentliche Sitzungen noch einmal öffentlich über deren Ergebnisse berichtet werden. Ein Punkt stand auf dem Programm der nichtöffentlichen Sitzung des Ortsbeirats Eppstein – eine Anfrage zum Industriegebiet Am Römig. Eine überschaubare zeitliche Investition , dachte der neugierige Berichterstatter. Ihm wurde beim Warten jedoch Transparenz ganz anderer Art geboten. Aus einer gleichzeitig in der Grundschule stattfindenden Elternversammlung war zu erlauschen, dass fortgeschrittene Grundschüler dem Duden misstrauten. Was ein Zeichen wachsender Mündigkeit sein könnte, hat aber einen völlig anderen Grund: nämlich jenen, dass die Macher jenseits des Rheins ihren Sitz haben. Das stimmt nachdenklich. Bei solchen Ressentiments sieht es für die Zukunft der europäischen Völkerverständigung nicht gut aus. Vielleicht wäre ja ein Ausflug der Eppsteiner Grundschüler in den Mannheimer Luisenpark angesagt. Wie gesagt: Es geht nichts über direkte Kontakte. Nur am Rande: Seit 2013 residiert der Duden-Verlag in Berlin. Der Theodor, der Theodor, der ist ... bei uns am Wormser Tor? Das fragte sich manch erstaunter Zuhörer am Mittwoch bei einem Vortrag der Reihe „Museum im Koffer“. Eine Tatsache, der man sogar ins Auge blicken kann. Dass Frankenthal schon zu Zeiten von Kurfürst Carl Theodor als das Tor zur Welt galt, ist unumstritten. Genau deshalb ließ seine fürstliche Durchlaucht, töricht wie er war, nicht nur ein Stadttor, sondern gleich zwei Stadttore errichten. Und auf einem ließ er sogar sein adliges Antlitz verewigen. Carl Theodor, der kurfürstliche Blickfang und Herrscher mit Durchblick, Überblick und Weitblick! Beäugt er doch vom Platz am Südgiebel des Wormser Tors aus schon seit fast 250 Jahren mit strengem Blick das Geschehen Richtung Innenstadt. Vor allem hat er aber ein Auge auf die Ratsherren und speziell auf Schultheiß Hebich. Und, dass die armen Toren ja keine Torheit begehen, dafür sorgt bis heute noch der gnädige Kurfürst. Er ist es, der immer den letzten Blick auf alles im Rathaus wirft und stets einen kühlen Kopf bewahrt, falls die Herren dort in Torschlusspanik verfallen sollten. | Jörg Schmihing

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