Frankenthal Linde erinnert an Prinzregent Luitpold

Vom Handel, Handwerk und von Menschen in früheren Zeiten berichtete „Fremdenführer“ Georg Schroth bei einem erstmals in dieser Form angebotenen Rundgang des Ortskartells Eppstein am Freitagabend. Rund 60 Teilnehmer kamen trotz der heißen Temperaturen zu der Ortsbegehung. Ortskartell-Vorsitzender Michael Calmbach und Ortsvorsteher Uwe Klodt (SPD) waren überwältigt von der Resonanz.

Schroth selbst kommt aus einem angesehenen Handwerksbetrieb in Eppstein. Der Friseurladen der Schroths wird heute bereits in der siebten Generation weitergeführt und ist eines der ältesten im Familienbesitz befindlichen Geschäfte in der Pfalz. Als Schroth zu Beginn auf dem Neuköllner Platz davon erzählte, dass es früher zehn „Tankstellen“, sprich Gaststätten, in Eppstein gegeben habe, da glänzten die Augen so mancher älterer Rundgangsteilnehmer. Kein Wunder, bei den Temperaturen. Die jüngeren staunten nicht schlecht. Drei Gaststätten sind übrig geblieben. Dass das Miteinander der Konfessionen nicht immer so zwanglos war wie heute, zeigt die Tatsache, dass die Schüler einst strikt getrennt nach ihrer Glaubensrichtung in Schulhäusern am heutigen Neuköllner Platz unterrichtet wurden. Selbst für die Pädagogen gab es getrennte Unterkünfte. Deutlich mehr Bauern und Handwerker als heute gab es in früheren Zeiten im heutigen Frankenthaler Vorort, der bis 1969 eigenständig war. Schroth wusste ebenso von drei Metzgern und zwei Schuhmachern zu berichten. Heute ist es noch ein Metzger, der allerdings zwei Geschäfte betreibt. Schroth „garnierte“ seinen Lauf vorbei an früheren Handwerksbetrieben mit kleinen Anekdoten. So sei Spengler Jörger, der in der Dürkheimer Straße ansässig war, dreimal mit dem Handwagen zu einer Frau nach Studernheim gelaufen, um eine Leitung zu reparieren. Auf der Rechnung habe gestanden: „Loch gesucht, Loch nicht gefunden, 3,50 Mark“. In den Wintermonaten sei der Spengler bei den einst üblichen Hausschlachtungen mit dem Verschließen der Wurstdosen gut beschäftigt gewesen. In Höhe der heutigen Dürkheimer Straße 8 war früher der Eingang zum Waschplatz an der Isenach. Etwa in gleicher Höhe steht noch ein Lindenbaum, den Prinzregent Luitpold 1889 auf der Durchreise gesetzt haben soll. Der Überlieferung nach müsste an den Wurzeln des Baumes noch eine Urkunde des Adligen in einer Schatulle lagern. An der Ecke Bachgasse war einst der Pferdewaschplatz, wie Bilder belegten, die herumgereicht wurden. Richtiges Geschäftsleben herrschte einst auch in der Zellerstraße: Schuhmacher, Kohlehandlung, Metzgerei, Woll- und Stricksachen – fast alles gibt es heute nicht mehr. Ebenso wenig das von Familie Köberlein selbst hergestellte Eis aus Eppstein. An der Ecke Zellerstraße/Verdistraße war einst der Kerweplatz. Er ist in den Grundzügen noch erkennbar. Warum die Verdistraße denn so breit ausgebaut worden sei, wollte Uwe Klodt von den Teilnehmern wissen. Keine Hand ging hoch. Weil einst geplant gewesen sei, Eppstein an die Straßenbahn in Oggersheim anzubinden. „Glück gehabt“, sagte eine Teilnehmerin und meinte, Glück, dass es nicht so kam. Eine andere sagte: „Das wäre vielleicht gar nicht schlecht gewesen.“ Ärger habe es einst beim Neubau der Grundschule gegeben, weil Anwohnern ihre Gärten weggenommen worden seien. „Dafür haben wir jetzt an der Ecke Johann-Strauß-/Kirchgrabenstraße eine Grünanlage, die als Hundescheißplatz missbraucht wird“, sagte Schroth. Dass die Ordensschwestern, die im Haus wohnten, das heute einen Teil des örtlichen Kindergartens beherbergt, nicht gerade zimperlich mit dem Nachwuchs umsprangen, wussten noch einige aus eigener Erinnerung. „Wenn die dir am Ohr gezogen haben, dann warst du einen halben Meter größer“, sagt Georg Schroth lachend. In der Hauptstraße lagen einst die konkurrierenden Friseurgeschäfte der Schroths und Schwörers direkt gegenüber. Und bei der „Pfeifers Marie“ in der Hintergasse gab es das Frankenthaler Bier noch lose. Hier wurde der Spielmannszug gegründet. Nach so vielen Informationen beim Zug durchs noch nicht ganz zur Handelswüste gewordene Eppstein zog es einige Teilnehmer dann doch noch in eine der verbliebenen Gaststätten des Vororts. (nt)

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