Frankenthal „Jeder Mensch ist anders“

Vom Schenkelhalsbruch bis zum Gefäßverschluss, vom Blinddarm bis zur komplizieren Lungenoperation – Bogumil Herman deckt, wie jeder Chirurg an der Frankenthaler Stadtklinik, das gesamte Spektrum ab. „Ich bin nicht nur für ein kleines Spezialgebiet zuständig“, sagt der Leitende Oberarzt. Das sei ein Vorteil, doch auf der anderen Seite sei damit auch eine hohe Belastung verbunden.

Bogumil Herman wurde vor 60 Jahren im polnischen Breslau in eine Ärztefamilie hineingeboren. Mit dem Thema Medizin sei er von früh auf konfrontiert gewesen, es war für ihn Alltag. In der Schule sei er zwar auch gut in Mathematik gewesen, doch entschied er sich zwei Jahre vor dem Abitur endgültig für die Medizin. Sein späterer Schwiegervater war einer seiner Hochschullehrer an der Universität Breslau – ihm folgte Hermann in die Sparte Chirurgie. Auch in der Familie ist die Treue zur Medizin erhalten geblieben, nach der Ehefrau hat nun auch die Tochter die medizinische Richtung gewählt – wenngleich sie sich in der Psychiatrie allerdings mehr der Seele widmet. „Ich habe noch die alte Schule durchlaufen“, sagt Herman. Das heißt: „wir haben im Krankenhaus rotiert, ob Orthopädie, Kinderchirurgie, Unfallchirurgie oder Bauchchirurgie – jeder hat alles machen müssen.“ Heute hat der Chirurg zwar seinen Schwerpunkt in der Bauch- oder Viszeraloperation, im besonderen auch der Schrittmacherchirurgie, bei Darm- oder Krebsoperation, doch wenn im Dienst ein Knochenbruch kommt, dann muss er eben auch hier Hand anlegen. Das breite Spektrum sei reizvoll, Herausforderung ebenso wie Belastung. Denn selbst bei Standardoperationen gelte: „Jeder Mensch ist anders.“ Immer sei höchste Konzentration gefordert. Jeder Eingriff sei in gewissem Maß auch ein „Adrenalinstoß“, führe zur Ausschüttung des Stresshormons, das die Energiereserven des Körpers schneller freisetzt. Unseren Vorfahren half Adrenalin, rasch zu fliehen, dem Operateur schenkt es hochgradige Wachheit und Aufmerksamkeit. Nach dem Studium fand Bogumil Herman im Mannheimer Klinikum eine erste Anstellung, 1988 holte ihn der damalige Chirurgie-Chefarzt in der Stadtklinik nach Frankenthal, wenig später wurde der Dreißiger schon Oberarzt. In mehr als einem Vierteljahrhundert hat der Mediziner die Entwicklung des örtlichen Krankenhauses miterlebt und mitgestaltet. „Wir machen heute eine moderne Chirurgie, sind mittlerweile auch Referenzzentrum für minimalinvasive Operationsmethoden“, sagt er. Im Schnitt sei er übers Jahr an 1000 Operationen beteiligt, ob federführend oder assistierend. „Heute hatte ich gerade meine achte“, sagt er während des Gesprächs kurz vor 15 Uhr. Seine Berufswahl habe er nie bereut, betont Herman. Allerdings, wenn er nochmals vor der Wahl stünde, vielleicht wäre er doch eher in Wissenschaft und Forschung gegangen. Doch letztlich sei auch die Klinikkarriere für ihn aus heutiger Sicht richtig. Immer wieder komme es vor, dass sich Patienten bedanken, „einfach, weil sie mit der Behandlung und mir zufrieden waren“. Das sei eine sehr nette Geste, sagt er. Fehlern werde in der Frankenthaler Chirurgie transparent begegnet. „Es wird nichts verheimlicht, sondern alles offen gelegt“, betont Bogumil Herman. „Nur derjenige kennt keine Komplikationen, der nichts macht“, erklärt der Mediziner. Jede Operation sei auch mit Gefahren verbunden – etwa, dass eine unvorhergesehene Blutung entsteht oder eine Darmverbindung wieder auseinandergeht. Doch dass es immer Risiken gibt, das werde den Patienten auch schon vor der OP aufgezeigt: „Eine Operation ist kein Spaziergang, man muss immer mit etwas rechnen“. Ausgleich zum stressigen Beruf ist für den Oberarzt ein Tennismatch oder Radfahren im Sommer. Derzeit fehlt dem Wahl-Mannheimer dazu jedoch die Gelegenheit: „Wenn ich in die Klinik komme, ist es dunkel, wenn ich Feierabend habe, auch.“ So oft es die Zeit und ein paar Urlaubs- oder freie Tage zulassen, reist Bogumil Herman auf seine Lieblingsinsel Lanzarote. „Mir gefällt dort die schwarze Vulkanerde“, sagt er. „Das sieht aus wie eine Mondlandschaft, aber auch das Klima tut mir gut.“ (cei)

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