Frankenthal Gelungener Auftakt für neue Reihe

Premierenabend im Frankenthaler Kulturzentrum Gleis 4. Auf der Lesebühne präsentierten sich am Donnerstag die beiden Autoren Michael Bauer und Natascha Huber, die als Moderatorin der neuen Reihe fungiert. Sie lasen aus ihren Werken vor und gaben im Gespräch einen Einblick in ihr Denken und Schaffen.

Natacha Huber, die stellvertretende Vorsitzende des Literarischen Vereins der Pfalz, hat die Reihe mit Beate Vogel von Gleis 4 konzipiert (wir berichteten). Ihr erster Gast Michael Bauer ist durch seine umfassende Arbeit als Buch-, Rundfunk, Theater- und Zeitungsautor bereits einem breiteren Publikum bekannt. So gab Bauer denn auch in seiner Begrüßung zu, dass er sich aufgrund seines Alters fast schon „als Vater der jungen südwestdeutschen Lyriker“ fühlt. Der Südpfälzer Autor begann seine Lesung mit den beiden Gedichten „Reliquienlehre“ und „Die Bibel von Mario Basler“, die das Thema Reliquienhandel humorvoll aufgreifen und auch kritisierten. Seine Ideen für wundertätige Überbleibsel: Das Fläschchen Korn von der Kimmelbande, der Jagdschein vom Jäger aus Kurpfalz oder ein Pilz vom Pfälzerwald einen Tag vor Tschernobyl – „ob’s stimmt, weiß man nicht, man muss dran glauben“, so Bauers Fazit. Für ihn ist das politische Engagement von Schriftstellern besonders in der heutigen Zeit ungeheuer wichtig. Dazu passte sein Gedicht „Wir vom Rand“ aus seinem jüngst erschienenen Büchlein „Plauderwelsch und Pfalzgezeter“. „Hat Europa heute noch eine Chance?“ ist eine Frage, die sich Bauer in vielen seiner Werke immer wieder stellt. Ob in Gedichten mit und ohne Reim, mal im Dialekt, mal in Hochdeutsch oder einer Mischung von beidem: Immer überzeugt der Autor durch seinen souveränen Umgang mit Sprache, vor allem durch spielerische Lautmalereien oder kreative Wortneuschöpfungen. So auch in seinem Prosatext „Gothic Nonsens“, der kritisch mit der Institution Kirche umgeht. Er schloss mit einem Spottgedicht auf übertriebene Verhaltensweisen vermeintlich vornehmer Mitmenschen mit dem Titel „Die führnihm Dam un de Naasepoppel“. Im zweiten Teil des Abends trug Natascha Huber eigene Gedichte vor, die größtenteils ihrem demnächst erscheinenden Gedichtband „Die Nacht trägt Flutsplitter aus Malachit“ entstammten. Huber hat eine Einladung zur Teilnahme am renommierten Wettbewerb „Literarischer März“ in Darmstadt erhalten (wir berichteten), was sie – wie sie erzählt – „schon heute ein bisschen nervös macht“. Ihre Gedichte sind voller Metaphern, die ein konzentriertes Zuhören erfordern. Sie kreisen oft um die Liebe. Unter dem Titel „Einer unter euch“ trug sie aber auch ein Gedicht vor, das sich auf Ben Beckers Auftritt als „Judas“ im Frankenthaler Congress-Forum bezog. Ganz im Gegensatz zu Bauer schreibt Huber ihre Gedichte intuitiv gleich in den Computer oder, wenn dies nicht möglich ist, auch in ihr Smartphone. Hat sie einmal ein Gedicht verfasst, gibt es für sie keine Nachbearbeitung. „Das Gedicht bleibt wie es ist, allenfalls werden einige wenige Wörter ausgetauscht. Gefällt es mir nicht mehr, verschwindet es in der Versenkung.“ Mit dem Gedicht „Sandspuren zu Mitternacht“, eines ihrer „Lieblingsgedichte und Schlüsselgedicht des neuen Buches“, beendete Natascha Huber ihre Lesung. Anschließend stellten sich die Autoren jeweils vier Fragen und plauderten „aus dem Nähkästchen“. Aber auch die Zuschauer nahmen regen Anteil am Gespräch, fragten nach der Vorgehensweise, der Themenfindung oder danach, ob man Dichten lernen kann. Musikalisch aufgelockert wurde der Abend durch das einfühlsame Gitarrenspiel von Patrick Müller, der an der Pop Akademie in Mannheim Gitarre studiert und mit Eigenkompositionen und Improvisationen die Zuhörer begeisterte. Ein gelungener Auftakt der Reihe. Die nächste Lesebühne findet am 6. April statt.

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