Frankenthal Freundin und Helferin

Mainz. Vor zehn Jahren hat Juliana Hinkel auf dem Karolinen-Gymnasium in Frankenthal ihr Abitur gemacht. Seit Sommer 2012 arbeitet die 29-Jährige bei der Sportjugend Rheinland-Pfalz in Mainz, ist dort Referentin für den Bundesfreiwilligendienst. Sie versucht, jungen Menschen, die gerade die Schule beendet haben und sich für das Berufsfeld Sport interessieren, Perspektiven und Wege aufzuzeigen, hilft ihnen, sich in der Phase nach dem Ende der Schulzeit zurecht zu finden.

Manchmal arbeitet Juliana Hinkel auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten. Sie sitzt dann nicht im Büro beim Landessportbund in Mainz, sondern zu Hause in der Mainzer Neustadt. Sie braucht dann nur ein Telefon und ihre Stimme, zwei wichtige Begleiter ihrer Arbeit – und oft auch viel Fingerspitzengefühl. Denn wenn Hinkel außerhalb ihrer regulären Arbeitszeiten arbeitet, dann heißt das meistens, dass es einem der Jungen oder Mädchen, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder ihren Bundesfreiwilligendienst (BFD) über die Sportjugend Rheinland-Pfalz machen, nicht so gut geht. Das heißt dann, dass es Probleme an der Einsatzstätte, meist ein Sportverein oder eine Schule, gibt. Oder das heißt dann, dass es private Probleme gibt. Auch deshalb rufen junge BFD’ler oder FSJ’ler schon mal an. „Ich bin eben ihre Anlaufstelle.“ Sie klingt nicht so, als mache ihr das etwas aus. Man könnte fast denken, dass sie für den einen oder anderen Jugendlichen so eine Art Ersatz-Mutter ist. Eine Ersatz-Mutter, die dann da ist, wenn es keine andere vertrauenswürdige Person gibt. Oder keine, mit der der Jugendliche über dieses Thema reden mag. Sie weiß, dass sie für den einen oder anderen Jugendlichen ein Notfallhelfer, die große Freundin, die Nummer gegen Kummer ist. Den Begriff Ersatz-Mama will sie jedoch nicht so stehen lassen. „Ich bin schon eine Vertrauensperson, aber jetzt nicht gerade die Mama“, sagt Hinkel. Was sie an ihrem Job so fasziniert, ist, dass sie oft die Entwicklung der Jugendlichen in einer der wichtigsten Lebensphasen miterlebt – vielleicht ist sie also doch ein bisschen mehr Mama, als sie zugeben möchte. Etwa die Entwicklung von Jugendlichen, die ihr FSJ beginnen und noch nie eine Gruppe angeleitet haben, Angst davor haben, schüchtern sind. Und nach einem Jahr dann, nach erteilten Hilfestellungen und verteilten Leitfäden, drei Gruppen pro Woche anleiten – mit einem souveränen Auftreten. „Das freut mich dann immer“, sagt Hinkel. Die großen Erfolge der anderen sind dann auch immer ihre kleinen Siege, der Grund, warum sie abends mit einem zufriedenen Lächeln nach Hause geht. So hat sie in den eindreiviertel Jahren bei der Sportjugend nicht nur anderen Menschen geholfen, sondern auch viel über sich und über Menschen im Allgemeinen gelernt. Beispielsweise, wie man am besten mit Gruppen junger Menschen umgeht („Erst mal streng sein, dann haben sie Respekt“). Beispielsweise zu respektieren, wenn man seine eigenen Grenzen erreicht. Und beispielsweise, was einem der Job alles geben kann. Sie muss dabei nicht unbedingt den ausgelatschten Weg beschreiten, sondern sucht auch gerne mal einen neuen Pfad. Juliana Hinkel kam als kleines Mädchen mit ihren Eltern, die in Dirmstein leben, aus der damaligen Sowjetunion, dem heutigen Tadschikistan, nach Deutschland. Anfangs lebte die Familie, Hinkel hat noch zwei jüngere Brüder, in Mannheim, dann ging es in die Pfalz. Schon damals entflammte ihre Liebe für den Sport. „Ich war immer ein Allroundtalent“, erzählt sie. Leichtathletik, Handball, Tanzen. Dazu noch Basketball. „Nur leider habe ich in den letzten Jahren nicht mehr so viel Zeit zum Sport gefunden.“ Zuletzt musste Hinkel, die in Mainz Sportwissenschaften mit den Nebenfächern Russisch und Zivilrecht studierte, auch mit dem Tanzen aufhören. Sportlich gesehen ihre große Liebe. Nicht ans Aufhören denkt sie hingegen bei ihrem Job. Hinkel fühlt sich wohl bei der Sportjugend. Und auch wenn sie vielleicht in ein paar Jahren nochmal eine andere Aufgabe reizen sollte, dem Sport möchte sich jedenfalls immer treu bleiben.

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