Frankenthal Familie als Keimzelle für gutes Leben

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Frankenthal hat sich beim 78. Katholikentag der Diözese Speyer gestern bestens präsentiert. „Wunderbar“ nannte Bischof Karl-Heinz Wiesemann die Atmosphäre auf dem Rathausplatz und in den angrenzenden Straßen. Auch Oberbürgermeister Theo Wieder (CDU) und Pfarrer Stefan Mühl waren angetan von dem Glaubensfest.


Nicht nur das Wetter zeigte beim Katholikentag in der Frankenthaler Innenstadt viele Facetten. Strahlte die Sonne beim Auftaktgottesdienst ab 10 Uhr noch herrlich über die Menschenmenge auf dem Rathausplatz, so herrschte am Nachmittag schwül-warmes Wetter, unter dem insbesondere das Bühnenprogramm auf diesem zentralen Platz litt. So liefen einige Gesprächsrunden oder das musikalische Programm beispielsweise der Hoppla-Kids (Kindern aus der Reha Westpfalz im Gemeinschaftswerk für Menschen mit Behinderungen) vor nur einer Handvoll Menschen ab. Zum Abschlussgottesdienst mit Weihbischof Otto Georgens und dem Hauptgeschäftsführer von Misereor, Monsignore Pirmin Spiegel, ab 16 Uhr tröpfelte es gar ein wenig aus den Wolken. Ganz unterschiedlich waren auch die Facetten des Kirchentags, der unter dem Motto stand: „Gutes Leben. Für alle!“. Vom großen Begegnungs-Hallo zwischen Menschen aus alle Ecken des Bistums, die sich auf der Kirchenmeile, insbesondere in der Speyerer- und Bahnhofsstraße, trafen, sich fröhlich unterhielten und sich an den Ständen der verschiedenen im Bistum tätigen Organisationen informierten, bis hin zu den vielen kritischen Gesprächsrunden. Gut angenommen wurden die Stadt- und Kirchenführungen. Fragen, auch an die eigene Kirche, wurden in den Workshops in der Zwölf-Apostel-Kirche, im Dathenushaus oder im Lux-Kino gestellt. Ein Angebot, bei dem sicher auch Menschen einen Anlaufpunkt finden konnten, die der Kirche nicht mehr so nahe stehen. Nicht ganz so fröhlich waren die Themen in den Workshops, die sich den Fragen des grenzenlosen Wachstums, unseres Umgangs mit Lebensmitteln, der Flüchtlingsproblematik aus Osteuropa oder aber dem Leben in den Gemeinden stellten. Ganz offen berichteten Kirchentagsbesucher in letzterem Workshop, dass sie in ihrer Heimatgemeinde die Offenheit und Herzlichkeit vermissten. Bunt war die Kirchenmeile: Von der Jugendarbeit im Bund der Katholischen Jugend (BDKJ) über die wenig bekannte Arbeit der Gemeinschaft Katholischer Männer und Frauen, Bund Neudeutschland, die sich der Verknüpfung von wissenschaftlichen Fragen mit dem Glauben widmen, bis zur Schwangerschaftsberatung oder der Flüchtlingsarbeit in der Caritas. Mit Claudia Wetzler war auch die Frankenthaler Schwangerschaftsberatungsstelle am Stand präsent. Rund 90 Beratungen würden hier im Jahr durschnittlich geleistet, sagte sie. Mitten in die Stadt gerückt war auch das Ökumenische Gemeindezentrum Pilgerpfad mit einem eigenen Stand auf der Kirchenmeile – das konfessionsübergreifende Miteinander ist immer noch ein Unikat im Bistum. Erstmals offiziell in die Kirchenmeile aufgenommen wurden Vertreter von der kritischen Organisation „Wir sind die Kirche“, die sich unter anderem für eine verstärkte Einbindung der Laien einsetzt. Ein Exot auf der Kirchenmeile war auch Boniface Mabanza von der prophetischen Kirche, der die katholische Kirche als zu angepasst ansieht, zu sehr in den ökonomischen Strukturen vernetzt. Seine Hoffnung liegt auf dem neuen Papst. Voll war der Rathausplatz beim Eröffnungsgottesdienst mit Bischof Karl-Heinz Wiesemann, Weihbischof Otto Georgens, mit örtlichen Pfarrern und Neupriestern aus der Diözese. Locker zeigte sich Wiesemann schon zum Auftakt bei der etwas trockenen Präsentation der Ehrengäste. Gerne erinnerte er sich daran, dass er schon einmal hier in Frankenthal mit der Dekanin der evangelischen Kirche, Sieglinde Ganz-Walther, ein Tänzchen gewagt habe. Auch der evangelische Kirchenpräsident Christian Schad war nach Frankenthal gekommen. Das Evangelium sei die Quelle für das gute Leben für alle, sagte Wiesemann in seiner Predigt, die auf das Kirchentagsmotto ausgerichtet war. Man dürfe sich im Alltag nicht von Äußerlichkeiten blenden lassen. Nach wie vor sei für die Kirche die Familie die Keimzelle für das gute Leben. Es sei ein Zeichen von zerstörerischen Strukturen, wenn dieses Leben in den Familien nicht mehr funktioniere. Er stellte auch die Frage, ob denn ein leidfreies Leben, ein Leben, bei dem der Tod ausgeklammert werde, ein gutes Leben sei? Die Kampagne „Gutes Leben. Für alle!“ habe eben ganz viele Facetten. „Und sie stellt auch unbequeme Fragen an unseren Lebensstil“, so Wiesemann. Klein und locker war die Runde beim Kindergottesdienst parallel zum großen Auftaktgottesdienst in der Willy-Brandt-Anlage. Mitgestaltet wurde dieser von Katholischen Kindergärten aus dem Pfarrverband, die sich später auch im Hauptgottesdienst einbrachten. Pirmin Spiegel sprach hier die mahnenden Worte: „Es ist Zeit zur Umkehr. Diese Wirtschaft tötet“, so der Misereor-Geschäftsführer. (nt)

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