Frankenthal „Es gab auch damals schon Sex“

„Zeitensprung“ heißt das neue Album von Alt-Rock’n’Roller Peter Kraus. Hauptsächlich aktuelle Hits interpretiert er mit Unterstützung eines jungen Produzententeams, quasi Tim Bendzko, Marteria und Culcha Candela im Petticoat. Auf seiner großen Abschiedstour macht der 75-jährige Kraus heute Station in Mannheim.

Herr Kraus, können Sie sich wirklich damit identifizieren, wenn Sie singen, Sie müssen noch 148 Mails checken?

Das mache ich ja tatsächlich. Ich bekomme viele Mails und rufe die auch regelmäßig ab. Das ist doch herrlich. Dank der neuen Technik kann ich eine Platte über Monate lang mit einem Kollegen machen, der in Berlin ist. Und am Ende war ich gerade mal sieben Tage dort. Ich kenne mich inzwischen auch mit Facebook aus. Das muss man in der heutigen Zeit mitmachen, schon alleine für sein jüngeres Klientel. Sagen Sie jetzt auch zu Ihrer Frau: „Du bist Hamma“? Nein. Aber auf der Hochzeit meines Sohnes habe ich „Hamma“ für meine Schwiegertochter gesungen. Es waren nur junge Leute da. Die dachten, jetzt kommt sicher „Sugar Baby“. Die Begeisterung war groß. Ihre Stimme klingt auf dem Album erstaunlich jung. Wie kommt das? Die beiden jungen Produzenten Erik Macholl und Andreas John haben mich beflügelt, im Stil von damals zu singen. Da habe ich diese „Kiekser“ gemacht. Wenn ich das heute tue, steckt darin schon auch eine gewisse Selbstironie. Anfangs habe ich mich gewehrt. Jetzt gefällt es mir aber eigentlich. Man musste Sie überreden? Man musste etwas nachhelfen. Ich habe die Titel so gesungen, wie ich heute eben singe. Die beiden meinten dann: Das könnte etwas mehr nach dem jungen Peter Kraus klingen. Ich finde das jetzt aber schon ganz lustig. Wie fielen die Reaktionen der Originalinterpreten aus? Es haben sich viele gemeldet. Rosenstolz und Culcha Candela zum Beispiel. Im Gegensatz zu Heino mussten wir überall die Genehmigung einholen. Wir haben die Lieder ja verändert. Eine Ablehnung gab es von den Ärzten. Ich wollte „Männer sind Schweine“ covern, aber der Verlag meinte, dass wir da niemals eine Genehmigung kriegen würden. Ansonsten haben wir nur positives Feedback bekommen. Udo Lindenberg hat mir sogar eine nette SMS geschickt. Sie waren damals ein Teeniestar – wie heute Justin Bieber. Skandale hörte man von Ihnen aber nie. Lag das an der völlig anderen Medienwelt oder waren Sie mit 17 schon reifer? Reifer war ich nicht, das lag an den Medien. Und an der Zeit. Die Medien wollten noch keine riesigen Skandale machen. Und die Leute wollten das auch nicht hören. Sie wollten schöne Geschichten hören. Schauen Sie sich doch einmal die Spielfilme von damals an. Du wurdest auch nicht beobachtet. Da waren keine hunderttausend Handys. Meine Freunde, die Klatschkolumnisten, haben sehr viel gewusst und erfahren. Das hieß aber noch lange nicht, dass sie das auch schreiben. Und ganz wichtig: Die Mädels durften damals nicht plaudern. Sie haben den Ruhm also durchaus genossen? Ja, ich wäre ja dumm gewesen ... Es gab auch damals schon Sex. Sie sind Schauspieler, Sänger, Maler und bald bauen Sie ihren eigenen Wein an. Warum landen sie aber immer wieder beim Rock ’n’ Roll? Es ist einfach die Musik meiner Jugend. Sie begeistert mich noch immer, ich kann sie heute noch aus dem Ärmel schütteln. Aus der Hüfte. Warum soll ich mir das Leben schwer machen? Ins Studio gehen und singen, das kann ich, das macht mir Spaß. Bei allem anderen muss ich mehr arbeiten. Sind Sie Elvis Presley eigentlich je begegnet? Nein, das ist eine etwas tragische Geschichte. Meine Plattenfirma sagte damals – als Elvis einmal kam –, man sollte Abstand von Shakehands nehmen, weil sonst die Presse wieder schreiben würde: das Original und die Kopie, der deutsche Elvis. Also habe ich das gemacht. Ich dachte mir, wir werden irgendwann schon zueinanderfinden. Dass es ihm dann aber irgendwann so schlecht geht und er stirbt … Naja, jetzt müssen wir das auf den Himmel verschieben. Dann rocken wir beide eben dort oben.

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