Frankenthal Emotional und politisch

Auf eine Reise durch Zeiten und Welten entführte die seit Jahrzehnten bekannte und beliebte Sängerin und Schauspielerin Dunja Rajter im Wormser Lincoln Theater die begeisterten Zuschauer. Angefangen von Chansons bis zu internationaler Folklore interpretierte sie die Songs in ihrem typischen dunklen Timbre und mit starker Authentizität.

Die gebürtige Kroatin ist in Filmen ebenso wie auf Schauspielbühnen zu Hause und übt auch heute noch, mit 68 Jahren, eine starke Faszination aus. Die funkelnden Augen, das spürbare starke Temperament und gleichzeitig die Emotionalität ihrer Darbietung machen den besonderen Reiz aus. Pianist Christopher Miltenberger, der von Klassik über Pop bis zu orientalischer Musik unterwegs ist, wie die Musikstudentin und Violinistin Sophia Gesell waren mehr als Begleitung. Musik und Gesang wurden zu einem gefühlvollen Ganzen. Der Liederabend aus zwei Welten mit dem Titel „Lili Marleen“ war mehr als eine Hommage an Marlene Dietrich, die diesem Lied zu Weltruhm verhalf. Er war eine Reise durch Kriege, Verlust, Heimatlosigkeit, Trauer und Beziehungen, die Menschen trennen oder vereinen. Dunja Rajter erinnerte mit Anekdoten und Zitaten an einstige und noch heutige Weggefährten und Freunde. Gleichzeitig band sie politische Aspekte mit ein, den siebenjährigen Krieg in Ex-Jugoslawien oder die aktuellen Krisenherde. Ihr soziales Engagement war erkennbar an den oft persönlichen Schilderungen aus ihrer Heimat und Kommentaren, die nicht nur Begleittext waren, sondern an das Verantwortungsbewusstsein jedes Bürgers appellierten. „Lili Marleen“ war während des zweiten Weltkrieges das Lied, das die Menschen zu Hause und an der Front berührte. Die Sehnsucht nach Frieden und Liebe war hier in unnachahmlicher Weise präsent. Erotik und frivole Anspielungen perfektionierte einst Marlene Dietrich in Gesang und Körpersprache. Diese Chansons und das oft Laszive war auch in Dunja Rajters Interpretation gut erkennbar. Sie begann mit Liedern, die Hildegard Knef, Charles Aznavour, Edith Piaf und Bertold Brecht bekannt machten, wie „Padam, Padam“ (Piaf) oder „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ (Knef). Die Fragwürdigkeit von Kriegen, die Problematik rechter Gesinnung und diktatorische Strukturen klangen in Rajters Kommentaren durch. Mit ihrem Gesang versteht sie die Menschen aus dem Alltag zu holen, hinein in eine Welt der Fantasien und Träume. Der ihr eigene rassige Charme kam im zweiten Teil des Liederabends besonders stark zum Ausdruck. In der Folklore war sie noch überzeugender als bei den Chansons und sang vorwiegend in den Originalsprachen, beispielsweise den wunderschönen Fado „Ofreu Negro“ portugiesisch, das Liebeslied Tri Sulara (kroatisch) oder das mitreißende Che Sará (italienisch). Sehr berührend geriet die internationale Hymne der Romani „Djelem, Djelem“ oder das angeblich älteste hebräische Lied „Donna, Donna“. Mit „Über sieben Brücken“ von Peter Maffay wanderte sie in die jüngere Geschichte und mit umgedichtetem Text würdigte sie Dieter Wedel und seine Arbeit als Intendant der Nibelungen-Festspiele, der im Publikum saß. Nach mehreren Zugaben und begeistertem Applaus verabschiedete sich die Künstlerin mit charmanten Wünschen. Geduldig erfüllte Wedel anschließend noch etliche Autogrammwünsche.

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