Frankenthal „Das kommt vor allem bei älteren Menschen vor“

Wenn das Bein schmerzt – wer denkt da an ein Problem mit der Wirbelsäule? Deshalb ist es dem Neurochirurgen und Facharzt für spezielle Schmerztherapie Salvador Reyes ein Anliegen, in seinem Vortrag in der Frankenthaler Stadtklinik am Mittwoch, 4. März, dafür zu sensibilisieren, dass bei „unklaren Beinschmerzen die Vorstellung beim Neurochirurgen oder Neurologen selbstverständlich sein sollte“. Im Interview berichtet er, warum er diese Empfehlung gibt.

Herr Reyes, wie machen sich Wirbelsäulenerkrankungen im Bein bemerkbar?

Nun, wenn ein Mensch etwa eine Fußlähmung oder Gehschwächen hat, vermehrt zum Stolpern oder Fallen neigt, sich mit schmerzenden Beinen eventuell sogar jahrelang herumquält. Das kommt vor allem bei älteren Menschen vor. Da wird schnell etwas übersehen, auch weil Senioren leider nicht so genau über ihr Leiden berichten können. Die Ursache können etwa Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule sein. Man sollte sich deshalb nicht scheuen, frühzeitig bei Beinbeschwerden auch den Neurologen zu fragen. Warum tut es weh? Die Nerven, die das Bein versorgen, entspringen im Rückenmark. Wenn ein Nerv im Bereich der Wirbelsäule eingeengt oder eingeklemmt ist, dann schmerzt das Bein. Man kann sogar sagen, ein größerer Bandscheibenvorfall macht sich vorwiegend im Bein bemerkbar, zweitrangig durch Rückenschmerzen. Auch eine Einengung des Wirbelkanals macht ähnliche Beschwerden, oft können die Patienten schlecht laufen. 2014 haben Sie sich mit operativen Möglichkeiten bei Rückenschmerzen befasst. In diesem Jahr weiten Sie das Thema aus auf schmerzende Beine. Rückt da die nicht-operative Behandlung mehr in den Mittelpunkt? Ich bin seit 30 Jahren Neurochirurg und habe schon immer die Philosophie vertreten, vor einer Operation erst einmal die breite Palette konservativer Therapien auszunutzen. Allerdings, wenn die Verengung im Wirbelkanal oder der Bandscheibenvorfall so ausgeprägt sind, dass dies nur einen Zeitverlust, ein Hinauszögern bedeuten würde, dann gebe ich doch der Operation den Vorzug. Die nicht-operative Behandlung ist also die erste Wahl? In der Regel ja. Man beginnt mit Medikamenten, etwa einer Kombination aus entzündungshemmenden und Schmerzmitteln. Das ist die einfachste und kostengünstigste Methode. Oder man spritzt das Medikament dort ein, wo der Nerv eingeklemmt oder entzündet ist. Wenn jedoch die Beschwerden nicht besser werden, ist die Operation die sinnvollere Lösung. Das gilt auch für ältere Menschen, bei denen starke Medikamente eine sedierende, beruhigende Wirkung haben und sie dadurch schläfrig werden oder zum Fallen neigen. Kann ich vorbeugen, meine Wirbelsäule gesund erhalten? Man kann nicht alles im Leben verhindern. Aber es ist schon gut, die Beweglichkeit zu erhalten, Ausgleichssport zu betreiben. Auch das Gewicht sollte im Rahmen gehalten werden, die Ernährung ausgewogen sein und auf Rauchen verzichtet werden, denn Rauchen macht die Knochen marode. Allerdings kann man den natürlichen Verschleiß nicht verhindern. Die Wirbelsäule war eigentlich nicht gedacht für 80 oder 90 Lebensjahre, sondern maximal für 30 oder 40.

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