Frankenthal Gericht glaubt der Ehefrau

Ein knappes Jahr lang hat das Schöffengericht verhandelt. Mit einer zweigeteilten Freiheitsstrafe endete das Verfahren.
Ein knappes Jahr lang hat das Schöffengericht verhandelt. Mit einer zweigeteilten Freiheitsstrafe endete das Verfahren.

Zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und vier Monaten sowie einem Jahr und acht Monaten hat das Schöffengericht des Amtsgerichts gestern einen 32-jährigen Angeklagten verurteilt. Das Gericht sah alle ihm vorgeworfenen Straftaten – Körperverletzung, Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, Besitz gefälschter Urkunden, Nötigung und Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz – als erwiesen an.

Geschlagen und gewürgt sowie zur Rücknahme einer Strafanzeige genötigt hat der 32-jährige Angeklagte seine Freundin und spätere Frau. Die in Frankenthal begangenen Taten datieren aus den Jahren 2012 und 2016. Er hat außerdem, wenn auch nach Ansicht des Gerichts ohne Vorsatz, ein Hundewelpen vor den Augen seiner Tochter getötet. Er besaß überdies einen gefälschten Ausweis. Geteilt werden musste die Strafzumessung, weil mit den ersten angeklagten Taten im Jahr 2012 ein Urteil wegen Steuerhinterziehung verrechnet wurde. Die Strafen muss er – sofern das gestrige Urteil Rechtskraft erlangt – hintereinander absitzen, in Summe also vier Jahre. Es war ein außergewöhnliches Verfahren, das gestern nach knapp einem Jahr Verhandlungsdauer sein wohl vorläufiges Ende gefunden hat. Das gilt für die Bandbreite der angeklagten Taten wie für Begleitumstände: Befangenheitsanträge gegen Richter Thomas Henn, ein Schöffe, der rechtes Gedankengut auf seiner Facebook-Seite verbreitet haben soll, eine Nebenklägerin im Zeugenschutzprogramm. Weniger außergewöhnlich ist es beim Hauptvorwurf der Misshandlung innerhalb einer Beziehung, dass Aussage gegen Aussage steht. Wie die Einlassungen der Hauptbelastungszeugin zu bewerten sind, war der Streitpunkt in den Plädoyers gestern Vormittag. Während die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage-Anwältin der Frau Glaubwürdigkeit attestierten, sah Verteidiger Alexander Klein in ihr eine „Schauspielerin“. Da sich die Frau in Kernbereichen angeklagter Taten widersprochen habe, seien diese ohne weitere Zeugenaussagen nicht zu verwerten, führte er an. Dem folgte das Gericht nicht, sondern glaubte der Frau. Die Gewalt in der Beziehung sei von dem Angeklagten ausgegangen. Für das Gericht war es jedoch nicht nachvollziehbar, warum sich die Frau nicht früher von dem Mann getrennt hatte. Dass er seiner damaligen Freundin aus Strafe den Kopf kahlgeschoren hat, nannte der Richter „schlimm“. Dass er seine Frau im Februar 2016 bei einer Auseinandersetzung gewürgt habe, stufte Henn als erwiesen ein. Es sei allerdings keine lebensbedrohliche Handlung gewesen. Eine Vergewaltigung habe die Frau im rechtlichen Sinne nie geschildert, die ihr angetane Gewalt nur so bezeichnet. Zweimal zwei Jahre und sechs Monate Freiheitsentzug forderte Staatsanwalt Daniel Mayr in seinem Plädoyer. Er schenkte den Aussagen der Frau in fast allen Punkten Glauben. Nur die Begründung der Rücknahme der Strafanzeige bei der Polizei 2012 nannte er unglaubwürdig: „Da hat sie sehr schlecht gelogen.“ Dass der Angeklagte ihr aus Strafe dafür, dass er glaubte, sie habe eine Affäre mit einem anderen Mann, die Haare komplett rasierte, hatte die Frau vor Gericht „als schlimmsten Tag in ihrem Leben“ geschildert. Der Angeklagte habe so seine Macht beweisen wollen, so der Staatsanwalt. Mayr prangerte das Verhalten des Angeklagten nach den Taten an. So montierte er ans Fahrzeug des Schwiegervaters einen Peilsender, stöberte seine zu diesem Zeitpunkt unter Zeugenschutz an einem geheimen Ort lebende Frau auf und stiftete einen Beamten zu einer Abfrage im Polizeicomputer über deren Aufenthalt an. Nebenklage-Anwältin Sabine Zeh sah in der Verhandlung nur die negativen Höhepunkte einer von mangelndem Respekt geprägten Beziehung aufgedeckt. Das Verhalten des Angeklagten trage psychophatische Züge. Verteidiger Klein sah ein Verfahren, das von „furchtbarer Einseitigkeit“ gegenüber dem Angeklagten geprägt gewesen sei. Es seien beide Seiten in der Beziehung sehr anstrengend gewesen. Er erachtete eine Bewährungsstrafe als ausreichend, erwartete sie aber nicht, weil er das Gericht als befangen bezeichnete. Klein gab sich nach der Urteilsverkündung am Nachmittag wortkarg. Er wisse noch nicht, ob das der Schlusspunkt des Verfahrens sei.

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