Eisenberg Warum das Evangelische Gemeindehaus zum Horrorladen wird
Dass Christopher Krill ein großer Musical-Fan ist, ist spätestens seit seiner Zeit bei den Kerzenheimer Stage Performing Artists in der Region wohlbekannt. Dabei hat ihn die Liebe zum Genre natürlich schon viel früher gepackt. „1983 hat mich die Musical-Begeisterung erfasst“, sagt er im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Selbst Musicals auf die Beine zu stellen, war schon immer ein Traum. Seit der Übernahme des Kulturwercks hat er nun auch die räumlichen Voraussetzungen für ein größeres Projekt. Hier will Krill nun das Musical „Der kleine Horrorladen“ auf die Bühne bringen.
Für dieses Vorhaben hat Krill in Patrick Stanke einen prominenten Unterstützer gefunden. Stanke hat einen Namen in der Szene, sowohl als Regisseur als auch als Darsteller. Getroffen haben sich die beiden zufällig bei einer Veranstaltung in Füssen. Sie tauschten Kontaktdaten aus und kurze Zeit später saßen die Musical-Enthusiasten zusammen und schmiedeten einen Plan. Schnell war dabei klar, dass sie das Broadway-Musical „Der kleine Horrorladen“ nicht nur dem Eisenberger Publikum zeigen wollen, sondern damit auch auf Bühnen anderer Städte gastieren wollen. Wenn im nächsten Jahr in Mannheim von April bis Oktober die Bundesgartenschau stattfindet, würde man am liebsten auch ein paar Besucher nach Eisenberg locken.
Obwohl das Vorhaben etwas ambitioniert klingen mag, laufen die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren. Jüngst hatten Krill und Stanke ein Künstler-Casting im Evangelischen Gemeindehaus organisiert, bei dem sich 90 Künstler aus dem europäischen Raum um neun Rollen bewarben. „Insgesamt hatten wir 350 Bewerbungen bekommen und dann vorselektiert“, erzählt Stanke. Gesang in Verbindung mit Tanz, Mimik, Gestik oder Alter waren da entscheidende Kriterien. Um aber zu sehen, wie der Künstlers leibhaftig wirkt, wurden die vielversprechendsten Kandidaten nach Eisenberg geladen, um dort vorzuspielen.
Bewerber aus Amsterdam und Berlin
Aus Berlin reiste beispielsweise die 22-jährige Clarissa an. Sie wurde auf das Casting durch die Zentralvermittlung (ZAV) für Künstler aufmerksam. Clarissa studierte an der Universität der Künste in Berlin Musical und Show und ist Preisträgerin der Walter-Kaminsky-Stiftung für „Die beste Darstellung einer Musical-Szene“ im Bundeswettbewerb „Gesang“ 2021, Kategorie: Musical. Sie hofft auf ein Engagement in Eisenberg. „Hier hat man eine wirkliche Chance, sich zu verwirklichen“, meinte sie.
Auch aus Amsterdam reisten Bewerber an. Die 26-jährige Mareike hat ihren Master-Abschluss in Utrecht gemacht und hatte schon mehrere Engagements, unter anderem in einem Tina-Turner-Musical. Auch sie hoffte, Teil des zukünftigen Ensembles in Eisenberg zu sein. „Mein Lampenfieber war weg, sobald ich die Bühne betreten hatte“, erzählt sie nach dem Casting. Wie all ihre Mitbewerber stellte sie sich einer Jury vor, die Krill und Stanke mit mehreren Experten aus der Musical-Szene besetzt hatten: dem Choreographen Vanni Viscusi und dem Sänger Thomas Müller, der dem Eisenberger Publikum spätestens seit der Premieren-Veranstaltung des Kulturwercks ein Begriff ist.
Überall im Gemeindehaus war an diesem Tag reges Treiben. Egal, ob in einer Ecke des Foyers, im kleinen Saal oder sogar auf den Toiletten: Die jungen Künstler sangen sich ein, machten Ausspracheübungen oder konzentrierten sich auf ihren Auftritt. Andere wärmten ihre Muskeln auf, denn der Tanz ist im Musical ein wichtiges Element.
Nach einem festgelegten Plan kam jeder zunächst einzeln auf die Bühne. Die Bewerber hatten im Vorfeld die Aufgabe, sich mit dem Musical auseinander zu setzen, bestimmte Lieder einzustudieren und schließlich auch die entsprechende Tanzeinlage vorzubereiten. Beim Singen wurden sie von einem Pianisten begleitet. Beim Auftritt in Gruppen, bei denen bestimmte Stücke des Musicals gespielt und getanzt werden, herrschte eine eigenartige Atmosphäre. Zum einen geht es für jeden um alles, und andererseits müssen sich die Künstler im Team arrangieren.
Wer es am Ende ins Ensemble geschafft hat, stand nach den drei Tagen Casting noch nicht fest. Alle Darbietungen wurden aufgezeichnet und werden nun nochmal ausgewertet. Am Ende werden insgesamt 27 Personen nominiert werden, also eine dreifache Besetzung. Das ist notwendig, erklärt Regisseur Patrick Stanke, sodass man im Fall eines Künstlerausfalls weiter spielen kann. Mit den Leistungen der Akteure war die Jury mehr als zufrieden. Es sei schon eine Mammut-Aufgabe, nach so vielen Eindrücken eine Auswahl zu treffen, so der einstimmige Tenor der Jury.
So geht weiter
In den nächsten Wochen werden die ausgewählten Künstler benachrichtigt und entsprechend verpflichtet. Parallel wird auf der Bühne im Evangelischen Gemeindehaus das Bühnenbild entworfen. Auch hierfür setzt Krill auf professionelle Unterstützung: Oliver Dörr aus Kassel ist seit 30 Jahren im Geschäft und hat Bühnenbilder renommierter Theater entworfen. Jetzt kümmert er sich um das Bühnenbild in Eisenberg.
Die Proben für das Musical starten am 1. Februar 2023 im Kulturwerck und bis zur Premiere sind es dann gerade mal noch vier Wochen. Die ist nämlich für den 3. März angesetzt. Geplant sind im Evangelischen Gemeindehaus dann zwölf Vorstellungen bis zum 17. September.
Zum Inhalt: Der kleine Horrorladen
Die Vorstadt von Los Angeles. Mushniks Blumenladen hat keine Kunden, aber dafür welke Blumen. Seymour, sein linkischer Angestellter, beschäftigt sich mit der Zucht ominöser Pflanzen. Er pflegt eine heimliche Liebschaft mit Audrey, die ständig verprügelt wird. Als Mushnik seinen Laden schon aufgeben will, naht doch noch die Rettung – mit dem Verkauf einer neuen Pflanze aus Seymours Beständen. Plötzlich brummt der Laden, doch die neue Pflanze hat einen Haken: Sie hat Appetit auf Menschenfleisch. Als die dauerhungrige Pflanze schließlich ihre Wurzeln nach Seymour und Audrey ausstreckt, wird es Zeit zum Handeln.