Donnersbergkreis Plädoyer für ein soziales Miteinander

„Was wäre wohl, wenn wir einen ganzen Tag lang das Leben aus dem Blickwinkel unserer Hunde erleben könnten?“, fragt die in Mörsfeld lebende Barbara Wardeck-Mohr in ihrem neuen Buch. Auf 190 Seiten will sie Leser inspirieren, den „besten Freund des Menschen“ in seiner Verhaltensbiologie und seinem Ausdrucksverhalten besser zu verstehen. Am Freitag stellt die promovierte Naturwissenschaftlerin und Kommunikationstrainerin ihre mit aussagestarken Fotografien von Barbara Waas illustrierte Buch-Neuerscheinung „Mit den Augen der Hunde – So denken und kommunizieren Hunde“ im Alten Stadthaus Kirchheimbolanden vor.

Weit über fünf Millionen Dackel, Schäferhunde, Labradors, Möpse, Französische Bulldoggen und Hunderte andere Hunderassen leben unter uns Deutschen, meist als Familienhunde in Haus und Wohnung. Doch trotz engen Miteinanders kann eine Mensch-Hund-Beziehung unter Missverständnissen leiden, verdeutlicht Wardeck-Mohr. Und das liege nicht immer am Hund, der in der Regel klare Signale aussende, sondern vielmehr an uns Zweibeinern, indem wir uns aus Sicht der Hunde weniger eindeutig verhielten, Sprache und Normalverhalten häufig ignorierten und sie nicht immer „hundgerecht“ hielten. Dabei, so Wardeck-Mohr, sind diese Vierbeiner unsere idealen Sozialpartner – wenn man sie denn verstehen lernt. Dies bestätigen Fachleute, die in ihrem Buch ebenfalls zu Wort kommen und für unmöglich Gehaltenes mit Hunden erreicht haben. Die Autorin versteht das als Appell, die komplexen kognitiven Fähigkeiten der Hunde zu erkennen und damit aktiv umzugehen. „Hunde wollen Herausforderung, sie wollen nicht unterbeschäftigt sein. Die meisten Stubenhunde sind das aber leider in unserer Gesellschaft. Das sehe ich schon fast als Tierquälerei an“, meint sie. Dass Hunde denken können und nach Training auch zu planvoll-flexiblem Handeln fähig sind, beschreibt sie an einem ungewöhnlichen Beispiel: 2012 haben die drei neuseeländischen vormaligen „Straßenköter“ Porter, Ginny und Monty in einem umgebauten „Mini“ Autofahren gelernt und sogar eine Fahrprüfung abgelegt. Über 50 Trainingselemente beherrschte das gelehrige Trio im Lauf weniger Monate, erzählte Trainer Mark Vette im Interview der Autorin. „Das Denken von Hunden wurde weitestgehend unterschätzt“, ist auch dessen Überzeugung. Uns sind im Alltag eher die achtsamen Blindenhunde vertraut, aber es ist auch von Hunden zu lesen, die Epilepsieanfälle im Voraus signalisieren, Krankheiten „riechen“ oder im Notfall Medikamente herbeibringen können. Die Natur habe die Hunde für diese und viele weitere Aufgaben im Laufe der Evolution und in der Auseinandersetzung mit der Natur exzellent ausgestattet, sagt Wardeck-Mohr. Als Beispiel nennt sie deren olfaktorisches Vermögen: Während wir Menschen mit fünf Millionen Geruchszellen auskommen müssen, besitzt ein Hund 220 Millionen dieser Zellen. Was Barbara Wardeck-Mohr ihren Lesern mitgeben will, ist: Die Partnerschaft funktioniert um so besser, je mehr der Mensch über die Verhaltensbiologie des Hundes weiß, sich also in ihn hineinversetzt und ruhig mal einen Perspektivwechsel versucht. Dies auch als Grundlage, um ein Vertrauensverhältnis aufbauen zu können. Dazu gehört das Verständnis, dass Welpen in ihrer natürlichen Hundefamilie spielerisch, gewaltfrei, konsequent und liebevoll erzogen werden. Die Autorin plädiert für ein Verhältnis auf Gegenseitigkeit, mit Gewinn auch für den Menschen: „Einen Hund besser zu verstehen, heißt, auch mich besser zu verstehen“, sagt Wardeck-Mohr dazu. Ihr bereits zweites Buch, das sich der Kommunikation mit Hunden widmet (zuvor war „Team-Coaching Mensch – Hund“ erschienen) verstehe sie auch als Nachschlagewerk für diverse Situationen, sagt die Naturwissenschaftlerin. Dazu gehört etwa, Verhaltenssignale der Hunde richtig zu deuten und so als „Coach“ in einen erfolgreichen Dialog mit dem Tier zu treten. Ein ausführliches Kapitel widmet sie der senilen Demenz (Kognitives Dysfunktions-Syndrom) beim Hund; eine Krankheit, die die Veterinärmedizin erst vor anderthalb Jahrzehnten zu erfassen und zu behandeln begann. Barbara Wardeck-Mohr schließt auch hier in die Beschreibung des Krankheitsbildes praktische Ratschläge für betroffene Hundebesitzer ein. Die engagierte Tierschützerin (ihr eigener Hund Puschkin, ein Samojede-Husky-Mischling, war aus einer Tötungsstation in Portugal gerettet worden) sieht in einer gelingenden Mensch-Hund-Beziehung auch eine ethische Komponente: „Wir haben als Gesellschaft viel gutzumachen gegenüber den Tieren.“ (bti)

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