Donnersbergkreis Genre-Grenzen überwinden

Auch ziemlich genau 100 Jahre, nachdem die erste „Boygroup“ Europas – die Comedian Harmonists – für Furore sorgte, wirkt deren Musik erstaunlich frisch und trifft den Nerv auch heutiger Generationen. Zumal, wenn die Noten wie beim Odenwälder Ensemble Comedian Sixpack auf höchstem Niveau zu neuem Leben erweckt werden. Dazu sparsam eingesetzte Requisiten, gelegentliche Wechsel der Outfits, eine launige Moderation, sommerlich angenehme Temperaturen und das besondere Flair des Rockenhausener Schlossparks: Fertig ist die Mischung, die einen überaus angenehmen Freiluftabend ausmacht.

So geschehen am Samstagabend beim dritten Konzert des diesjährigen Musikalischen Sommers. Wobei es das Männersextett durchaus verstanden hat, die Grenzen des eigenen Genres zu überwinden. Etwa indem die Musiker Herbert Grönemeyers „Männer“ in einem eigenem Arrangement von Christoph Kabrhel herrlich affig, besser gesagt „gockelig“ persiflierten oder dem Lied „Katrin“ von den Bläck Fööss einen ganz besonderen Touch verliehen. Aber auch „Caravan of love“ oder Eric Claptons höchst humorvoll ins Deutsche übertragener Titel „Wonderful tonight“ sorgten für willkommene Abwechslung. Natürlich durften die Klassiker wie „Veronika, der Lenz ist da“, „Ich wollt ich wär ein Huhn“ oder „Mein kleiner grüner Kaktus“ nicht fehlen; alleine schon, um dem selbst gewählten Untertitel „Spargelsafari – sechs Männer und ihr Gemüse“ Referenz zu erweisen. Was aber, abgesehen von einer pseudo-wissenschaftlichen Kurzabhandlung, doch eher Episode blieb. Allein der Namensbestandteil „Sixpack“ hätte ausgereicht, um allerlei und vor allem vielfältigste Assoziationen zuzulassen. Das gleichnamige männliche Körperteil blieb jedoch meist unter dem Frack mit Vatermörderkragen verborgen. Und auch im plüschigen, gelb-roten Kükendress ließ sich bestenfalls erahnen, dass der Körperbau vielleicht doch eher dem Konsum gleichnamiger Getränkegebinde geschuldet sein könnte… Wie auch immer, der laut Selbsteinschätzung „aufgehende Stern am a-capella-Himmel“ begeisterte mit seiner „Weltreise durch Kontinente, Meere, Kulturen und Betten“. Die Musiker mimten die Unschuldslämmer mit nasal-schmachtender Tongebung oder lieferten Anleitungen zum Anbandeln für die Jugend nach den Regeln der „old school“ als Alternative zu den heute gebräuchlichen Praktiken der sozialen, digitalen Medien. Die Prise Verruchtheit mit Andeutungen unter der Gürtellinie, die epischen Moritaten von Freud und Leid der Geschlechterbeziehungen oder die inszeniert schmachtende Andacht voller Inbrunst bei „Guter Mond“ oder „Liebling, mein Herz lässt Dich grüßen“ verfehlten ihre Wirkung auch im 21. Jahrhundert nicht. Erst recht nicht, wenn sich das Sextett in seekrank-schwankende Matrosen oder Kosaken verwandelte, die das ein oder andere Wodkabäumchen geplündert und ihre Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht hatten und dann trotzdem eine mehr oder weniger elegante Choreographie ablieferten. Wenn dann noch von und mit der Sonja russisch gegurgelt, gemeckert und gegackert wird auf der Bühne, ist das Publikum glücklich. So wie die rund 150 Besucher am Samstagabend beim musikalischen Sommer. (mhz)

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