Donnersbergkreis „Gegenentwürfe zu Sehnsuchtsfantasien“

91-88563332.jpg

ROCKENHAUSEN. Blau und Grün, eher zart und gar nicht auftrumpfend, lassen eine Küstenszene erahnen. Aber die rechtwinkligen Gebilde, die sich davor und darüber legen, an ein Zugfenster erinnernd oder an ein Baugerüst, das den Blick nach draußen verstellt, sperren es aus, dieses Stück Natur. Und der Sonnenaufgang, der dem Bild den Namen gibt, verzieht sich in die äußersten Ecken. „Double Sunset II“ ist eine von gut 30 Arbeiten Gabriele Künnes – Malerei, Grafik, Keramikobjekte –, die in ihrer Ausstellung „Optimierte Strategiemenge“ im Museum Pachen zu sehen sind.

Von Landschaften, Natur- wie Industrielandschaften, handeln viele dieser Bilder, die aber auch mit einem Doppelsinn behaftet scheinen. Denn es wird nicht einfach der Naturentfremdung oder dem Verlust an sinnhafter Gestaltung nachgetrauert. Es geht in der eher nüchternen Hinsicht dieser Bilder nicht minder darum, dass die Strukturen, mit denen der Mensch planend, bauend, Linien ziehend und Flächen abgrenzend die Welt überzieht, längst auch den Blick selbst kolonisieren. Das Bild von Natur ist schon im Auge des Betrachters reduziert und fragmentarisiert. Die kulturell in Besitz genommene Natur prägt längst auch die Wahrnehmungserwartung. Der wache Blick auf die Stadtumgebung ist ebenso gefordert, etwa in Bildern der Reihe „Fehler im Lauf der Dinge“, die aus einem Projekt Künnes mit weiteren Künstlern stammen zur Stadtentwicklung von Mannheim, ihrer Geburtsstadt, und Ludwigshafen, wo Künne bis vor Kurzem ihr Atelier hatte – inzwischen lebt sie in Berlin. Da sind tief eingeschnittene Straßenschluchten zu sehen oder kühn geschwungene Hochstraßentrassen. Reste von Natur scheinen auf in farbigen Akzenten, von Architektur in Grau und Weiß an den Rand gedrängt. Die Szenerien sind signifikanterweise menschenleer. Wo Natur allein Thema der Bilder ist, wirkt sie reduziert auf wenige, aber zentrale Aspekte wie die Farben Blau und Grün und Schwünge fern aller Geometrie. Die Kaiserslauterer Kunsthistorikerin Claudia Gross sprach in ihrer Laudatio bei der Eröffnung am Freitag von „Gegenentwürfen zu Sehnsuchtsfantasien“, hob dabei insbesondere Künnes Ansatz an Raum und Räumlichkeit als Projektionsflächen von Natur und Architektur heraus, verwies auf visuelle Fortsetzungen der Motive über mehrere Bilder hinweg, auf die Verschränkung von Versatzstücken aus Natur und Architektur, wobei auch die Farbigkeit die Zuordnungen schafft. So etwa beim Bild „Strukturkonzept“. Eine weitere Seite der Künstlerin offenbaren ihre keramischen Arbeiten, die in der Ausstellung mehrfach zu Installationen versammelt sind. Als ihr Charakteristikum stellte Gross heraus, dass die Objekte nicht modelliert werden, sondern aus der Faltung des ausgewalzten Tons entstehen, ein Ansatz, der eine unübersehbare Vielzahl an Formvarianten ermöglicht – die Installation „Schwarze Würfe“ bringt eine solche Fülle in einen spielerisch anmutenden Zusammenhang. Der Zufall darf hier offenkundig mitwirken, auch etwa in der Beschaffenheit von Oberflächen, wie Claudia Gross bei der Arbeit „O sole mio“ erläuterte, doch seien die Stücke gleichwohl so gearbeitet, dass sie trotz ihrer Individualität wie industriell gefertigt wirkten, so Gross. Die Formen haben eine ganz eigene Leichtigkeit, laden ein zum Entdecken und Assoziieren. Stadtbeigeordneter Gerd Fuhrmann hatte bei der Begrüßung der rund 30 Besucher am Eröffnungstag auf die Fülle der Themen dieser Ausstellung verwiesen, die er als Herausforderung empfinde. Der etwas kryptische Titel der Ausstellung „Optimierte Strategiemenge“ solle mit einem Begriff aus der mathematischen Spieltheorie zum Ausdruck bringen, dass sie hier auch eine Bilanz ziehe, ein Fazit ihrer Arbeit und Themen der letzten fünf Jahre, erläuterte Künne auf eine Nachfrage der RHEINPFALZ. Kurz-Info Gabriele Künne: Optimierte Strategiemenge. Ausstellung im Museum Pachen, Speyerstraße 3, in Rockenhausen. Zu sehen bis 23. Oktober.

x