Donnersbergkreis Farbenfrohe Schönheit

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Wer kennt ihn nicht, den hübschen, farbenfrohen Stieglitz oder Distelfink? Er genießt wegen seines farbenprächtigen Federkleids und seines lebhaften, munteren Wesens große Sympathie bei den Menschen. Nun wurde der gefiederte Blickfang zum Vogel des Jahres 2016 gewählt. Dies ist aber eine zweifelhafte Ehre, weil der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) damit auf die missliche Lage dieser Art aufmerksam machen wollen. Auch im Donnersbergkreis ist ihr Aufkommen seit Jahren rückläufig.

Zu diesem Urteil sind übereinstimmend vier Vogelkundler der NABU-Kreisgruppe Donnersberg aus Albisheim, Bolanden, Höringen und Winnweiler gekommen. Deutschlandweit hat sich der Bestand in den vergangenen 25 Jahren nahezu um die Hälfte reduziert. Hauptgrund für den Rückgang: Dem Distelfink oder Stieglitz fehlt die Nahrung – sein Tisch ist nicht mehr so reich gedeckt wie früher. Es mangelt ihm an wildblumenreichen Brachflächen mit Disteln, Kletten und Karden, deren Samen seine Lieblings- speise sind. Auch im öffentlichen Grün und in privaten Gärten werden Wildkräuter – als Unkräuter verrufen – einfach weggespritzt. Auf den Äckern vernichten Pestizide und Düngemittel seine Nahrungspflanzen. So wurde der Lebensraum des lebhaften Vogels enorm beschnitten. Dabei ist er schon mit kleinen, sich selbst überlassenen Ecken in Gärten, an Sport- und Spielplätzen, an Acker- oder Straßenrändern zufrieden. Zweifelsohne ist der Vogel eine Augenweide: Unverwechselbar leuchtet seine rote Gesichtsmaske, eingerahmt von schwarzem und weißem Gefieder. Schwarz-gelb mit weißen Tupfen schimmern die Flügel, hellbraun Rücken und Bauch. Mit einem hellen, mehrsilbigen „stiglitt“ oder „didlititt“ verrät der Distelfink seinen zweiten Namen: Stieglitz. Er ruft ihn also wie Kuckuck, Krähe und Uhu. Wenn im Winter ein kleiner Trupp Distelfinken ins Futterhäuschen einfliegt und sich an den Samenkörnern gütlich tut, freut sich wohl jeder Betrachter. Diese Schönheit aus der Nähe zu sehen, ist ein Erlebnis. Das Männchen beginnt bereits im März mit dem Balzgesang. Damit will es Rivalen fernhalten und ein Weibchen anlocken. Hat er sein Ziel erreicht, dann bestimmt sie, wo es lang geht – denn das Brutgeschäft ist Frauensache: Dazu zählen die Suche eines Nistplatzes hoch oben in einer Baumkrone, der Bau des napfförmigen Nestes, das Eierlegen und die Brut. Dabei wird auch der angehende Vater aktiv, denn er füttert die werdende Mutter. In den ersten Lebenstagen „hudert“ (wärmt) sie die nackten, noch blinden Kinder und füttert sie mit eingeweichten Samen, die der Vater im Kropf herbeibringt. Wenn die Jungen ausgeflogen sind, macht sich das Weibchen ein zweites Mal an die Arbeit: wieder alles Frauensache. Der sympathische Fink ist nicht gerne alleine, die Geselligkeit geht ihm über alles. Das Männchen zeigt kein ausgeprägtes Revierverhalten, denn nur in unmittelbarer Nähe des Nestes duldet es keinen Artgenossen. Im Frühjahr bauen mehrere Weibchen ihre Nester in einen hohen Baum. Beim langweiligen Brüten halten sie gute Nachbarschaft und unterhalten sich miteinander. Ebenfalls im Frühjahr tun sich mehrere Männchen zusammen und singen im Chor. Zuweilen jubiliert auch ein „gemischter Chor“, denn auch die Distelfink-Frauen können singen, was in der Vogelwelt selten vorkommt. Das ganze Jahr über gehen die Vögel am Tag gemeinsam auf Nahrungssuche, abends wird in Schlafgemeinschaften in einem hohen Baum genächtigt. Das Leben im Schwarm bringt noch weitere Vorteile: Ein angreifender Feind wird früher entdeckt, denn viele Augen sehen mehr als zwei. Und im Gewimmel des Schwarms kann der Angreifer nur schwer einen Vogel herausgreifen. Die Schönheit seines Gefieders hat auch in früheren Zeiten schon die Menschen beeindruckt. Im Mittelalter galten Stieglitze als beliebtes Motiv für Maler. Auf Gemälden mit der Gottesmutter zieht der Vogel oft die Blicke auf sich. So zeigt ein Gemälde des berühmten Malers Rafael die „Madonna mit Stieglitz.“

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