Rockenhausen/Eisenberg Erinnerungslücken und eine fliegende Bierflasche

Glücklicherweise erlitt das Kind keine schweren Verletzungen.
Glücklicherweise erlitt das Kind keine schweren Verletzungen.

Vor fünf Jahren wurde ein Kleinkind bei einem Handgemenge im Waldschwimmbad Eisenberg verletzt. Jetzt war der Prozess

Dass Angeklagte oder Zeugen über ein schwaches Gedächtnis verfügen, ist für Richter ja nicht unbedingt außergewöhnlich. Im vorliegenden Fall aber war es sogar nachvollziehbar. Immerhin fünf Jahre zurück lag das Ereignis, das jetzt einen jungen Mann auf die Anklagebank im Amtsgericht Rockenhausen brachte. Damals, so die Schilderungen der Staatsanwältin, war es bei einem Fest im Waldschwimmbad Eisenberg zu einer Rangelei gekommen, bei der ein Kleinkind verletzt worden war.

Er habe eine Bierflasche in der Hand gehabt, soweit seien die Schilderungen der Staatsanwältin korrekt, räumte der Angeklagte vor dem Amtsgericht ein. Jedoch habe er mit dieser Flasche auf niemanden eingeschlagen und schon gar nicht auf ein Kind gezielt, sagte er. Es sei vielmehr so gewesen, dass ihm die Flasche aus der Hand geschlagen wurde und wohl dann, das habe er nicht gesehen, auf das Kind geprallt sei.

Faustschläge ins Gesicht

Der Mann, der in Wattenheim geboren wurde und aufwuchs, aber bis vor kurzem in einer Stadt in Nordrhein-Westfalen lebte, erinnerte sich so: „Ich war mit Freunden im Schwimmbad auf dem Fest. Als wir gerade gehen wollten, sah eine Frau aus unserer Gruppe einen Bekannten und ging zu ihm rüber. Ich selbst blieb stehen und wollte kurz warten.“ Plötzlich habe er gesehen, wie der Mann ohne erkennbaren Anlass seiner Bekannten mit der Faust ins Gesicht schlug. „Da bin ich losgerannt und wollte ihr helfen“, schilderte er. Dabei aber sei er von Freunden des Frauenschlägers abrupt abgebremst worden. „Die sind plötzlich aus allen Richtungen auf mich zugestürmt und haben auf mich eingeschlagen und getreten“, beschreibt er vor dem Richter. Dabei, das sei aus seiner Sicht die einzig mögliche Erklärung, sei ihm wohl die Bierflasche aus der Hand geschlagen und unglücklicherweise auf das Kind geschleudert worden. „Ich würde niemals ein Kind schlagen oder irgendwie verletzen“, versicherte er.

Glück anderswo gesucht

Dass er nach diesem Schwimmbadfest sein Glück in einer anderen Stadt suchte, habe nur unmittelbar mit diesem Ereignis zu tun. Vielmehr sei ihm damals schon klar gewesen, dass er „von hier weg muss“. Drogen, Ärger mit seinen Eltern und ein schwieriges Verhältnis zu der Mutter seines Sohnes – um all das hinter sich zu lassen, sei er in eine andere Stadt gezogen. Dass er derzeit wieder bei seinen Eltern wohne habe damit zu tun, dass er durch einen massiven Schaden seiner Wirbelsäule momentan arbeitslos sei.

Wie es zu der Verletzung des einjährigen Kindes, das mit seiner Mutter das Schwimmbadfest besucht hatte, kommen konnte, konnte auch jener Eisenberger nicht aufklären, der anschließend in den Zeugenstand gerufen wurde. Er könne sich an gar nichts mehr erinnern, beteuerte der Mann immer wieder. Daran sei vermutlich auch der Alkohol schuld, dem er an diesem Tag nach eigener Aussage in großen Mengen zugesprochen hatte. Das einzige, was er aus dem Dunkel seines Erinnerungsvermögens herauskramen konnte, war jener Moment, in dem plötzlich eine Bierflasche auf ihn zukam. Er habe sie wohl mit der Hand abgewehrt. Dass die Flasche dann abprallte und das Kind traf, das in der Folge sogar eine Nacht stationär in der Kinderklinik behandelt wurde, an all das hatte er dann allerdings wieder keine Erinnerung.

Keine bleibenden Schäden

Etwas mehr Licht ins Dunkel brachte die Aussage der Mutter des verletzten Kindes. Sie sei, schilderte sie die brenzlige Situation, mit ihrem Kind bei dem Fest gewesen und habe plötzlich registriert, dass es in ihrer unmittelbaren Nähe zu tumultartigen Szenen kam. Sie wollte ihr Kind schnappen und sich in Sicherheit bringen, da war es schon geschehen. Das Kind wurde von der umherfliegenden Bierflasche am Kopf getroffen. „Ich hatte vorher den Mann hier mit einer Bierflasche in der Hand gesehen“, sagte sie mit Fingerzeig zum Angeklagten. Sie sei natürlich davon ausgegangen, dass er die Flasche auch geworfen habe. Mit Sicherheit konnte aber auch sie diese Situation nicht aufklären, denn sie war ja damit beschäftigt, ihre Dinge zusammenzusuchen.

„Hat ihr Kind denn von diesem Vorfall einen bleibenden Schaden genommen?“, wollte Richter Lucas Tschoepke noch wissen. Doch weil das, wie die Mutter versicherte, glücklicherweise nicht der Fall ist, und weil ohnehin kein Durchbruch im Erinnerungsvermögen der Beteiligten in Sicht war, stellte er die Verhandlung ein. De Angeklagte verabschiedete sich mit dem Versprechen, dass man ihn auf einer Anklagebank nie mehr wiedersehen werde.

x