Donnersbergkreis Ein gottesfürchtiger Sohn der Nordpfalz

Als Eugen Rapp am 21. April 1914 in Alsenz geboren wurde, sprach noch niemand vom Krieg gegen Frankreich, Russland oder Großbritannien. Während in den folgenden Jahren der Erste Weltkrieg tobte, wuchs der Lehrersohn und spätere Pfarrer behütet auf. Autos waren eine Seltenheit, Hitler stand damals als Gefreiter noch selbst an der Front und an die später gefürchtete Atombombe war nicht zu denken.

„Es sind viele unbegreifliche Dinge geschehen, ich habe als Zeitzeuge einiges erlebt“, sagt der frühere Pfarrer und Dekan von Obermoschel mit ruhiger Stimme und blickt dem Besucher forschend in die Augen. Ohne zu zögern beantwortet er die Frage, ob ihn Kriege, Zerstörung und Profitgier des Menschen nicht an seinem Glauben haben zweifeln lassen. Nämlich mit einem Kopfschütteln. Rapp ist ein Gottesmann geblieben. Er trägt ein Hörgerät, hat eine Augenoperation hinter sich und ein biblisches Alter erreicht; blind oder taub ist er aber nicht. „Ich sehe noch immer viel Gutes im Menschen, auch wenn ich das Gefühl habe, die Situation auf unserer Erde verdüstert sich“, sagt der alte Mann und blickt zum Fernsehgerät. Der Mann auf dem Sofa ist ein Zeitzeuge, bei dessen Geburt ein Kaiser über das Land herrschte, er war als Soldat am Zweiten Weltkrieg beteiligt und erlebte den demokratischen Wandel, den Kalten Krieg und das Ende der Teilung Deutschlands. „Trotzdem werde ich meinen Geburtstag wie einen ganz gewöhnlichen Tag verbringen“, sagt er, lächelt und zuckt mit den Schultern. Bei aller Bescheidenheit, an Gratulanten dürfte es an diesem Tag nicht mangeln. Kirchenpräsident Christian Schad und der Personaldezernent der Landeskirche, Oberkirchenrat Gottfried Müller, würdigten Rapp schon im Vorfeld seines Geburtstags als „Zeugen des Wiederaufbaus nach Zeiten der materiellen und geistlichen Not“. „Viele, die Sie als Prediger und Seelsorger, als Konfirmator und Lehrer erfahren haben, erinnern sich gern an Begegnungen mit Ihnen“, schreibt der Kirchenpräsident in einem Brief. Rapp besuchte das Gymnasium in Bad Kreuznach, wo er 1933 sein Abitur bestand. In Bonn, Königsberg und Tübingen studierte er bis 1937 Theologie. Anschließend tat er Dienst in Maikammer, Wörth, Sankt Julian und Klingenmünster, bevor er 1939 zum Kriegsdienst einberufen wurde. Wie er berichtet, war er bei einer Flak-Einheit und tat Dienst im Ruhrgebiet. „Es war eine dunkle Zeit. Ich hatte damals Trost in meinem Glauben gefunden“, erinnert sich der Nordpfälzer, der im April 1945 als Oberleutnant in Gefangenschaft geriet. Gegen Ende des Jahres kam er wieder frei. Nach dem Krieg schließlich war er zwei Jahre lang Pfarrer in Odernheim, danach trat er die Pfarrstelle in Imsbach an. Von 1955 war er bis zu seinem Ruhestand 22 Jahre lang Dekan in Obermoschel. In seine Amtszeit fielen der Bau des protestantischen Kindergartens und die Gründung der Ökumenischen Sozialstation. Die Rockenhausener Rundschau der RHEINPFALZ würdigte ihn beim Abschied als einen „gottesfürchtigen Sohn der Nordpfalz“. Das Zimmer, das der mittlerweile älteste pfälzische Pfarrer heute im Zoar-Seniorenheim in Winnweiler bewohnt, ist schlicht. Ein Sofa, ein Fernseher, ein Tisch sowie ein Schrank und Stühle. Dass die Bedeutung des christlichen Glaubens schwindet, Kirchenaustritte zunehmen und sich der Lebenswandel verändert hat, das bereitet dem Gottesmann Sorge. „Ich denke, dass das Miteinander der Menschen leidet, wenn der Bedeutungsverlust der Kirchen fortschreitet“, sagt er nüchtern und blickt lange aus dem Fenster. Dabei - so sieht er es selbst - hat er ein gutes Leben geführt, weil er stets versucht habe, sich an christlichen Werten zu orientieren. Wenn der ehemalige Pfarrer Geburtstag feiert, wird auch Rapps mittlerweile 71 Jahre alte Tochter mit ihrer Familie den früheren Dekan besuchen. Rupps Frau Erna starb im Dezember 2012. Die Eheleute waren 71 Jahre verheiratet, davor war das Paar schon acht Jahre lang befreundet. „Wenn ich daran denke, dass meine Frau und ich fast 80 Jahre zusammen waren, dann kann ich nur Gott für seine Gnade danken“, sagt der Nordpfälzer, der ein Jahrhundert der Extreme miterlebt hat. Wie ein Gottesgeschenk dürfe Eugen Rapp selbst auch manchmal sein Sinn für Humor vorkommen. In einem seiner selbstverfassten satirischen Gedichte reimte er: „Pälzer Parrer sinn proteschtantisch, allsemol e bißche grandisch, un debei aach ökumenisch, die eene viel, die annere wenisch.“ Vielleicht hört man dieses Gedicht auch am Ostermontag, wenn Eugen Rupp seinen 100. Geburtstag feiert.

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