Donnersbergkreis „E Gläsje Woi is noch erlaubt“

„Atemlos – schwindelfrei: die Senioren sind dabei“, lautete das Motto der Kibo-Seniorensitzung, die am Sonntag in närrischer Pünktlichkeit um 13.33 Uhr in der voll besetzten Stadthalle begann. Die „Entertainer“ unter der Leitung von Joachim Henrich stimmten mit Evergreens und modernen Ohrwürmern auf den kurzweiligen Nachmittag ein.

Mit zackiger Marschmusik und aufgepflanzten Gewehren, gefolgt von der Prinzessgarde, hielt die Kibo-Ranzengarde Einmarsch. Prinzessin Bärbel I. und Sitzungspräsident Karl-Heinz Bieck mit seinem Elferrat folgten mit Kibo-Rufen auf die Bühne. Der Stadtrat von Kibo präsentierte Aktuelles und Moritaten und stellte sich namentlich und gesanglich mit von Michael Juppe verfassten Texten vor. Patrick Sommer berichtete als Silberhochzeiter, und das Kibo-Ballett brillierte, perfekt eingestellt von der Ballettschule Flex & Point, mit einer zauberhaften Bühnenschau. Danach hatte er seinen Auftritt, der Kibo-Urfasnachter Walter Müller. Mit Sherlock Holmes-Hut, dem karierten Deerstalker, stieg der 88-jährige in die Bütt, und man spürte, hier ist er in seinem Element. Die Rede, wie eh und je von ihm selbst verfasst, ist an die Senioren gerichtet: „Ach, was kennen mer so froh sein/ dass mer all heit noch so do sein./ E Gläsje Woi is noch erlaubt,/ was hun mer frieher abgestaubt.// Des macht der Zellertaler Wein,/ des macht der Pälzerwaldverein. / Drum machen mer uff der Lebensleiter, / im negschte Johr ach grad so weiter. / Bis mer beim 90. Geburtstag in Rheinpfalz stehn, / un dann noch uff die Fasnacht geh’n.“ Beifall und stehende Ovationen brachten Müller dazu, noch ein paar Kerchemer Stickelcher zum Besten zu geben. Er erinnerte an vergangene Fastnachtszeiten, an Bühnengrößen wie Ruth und Hans Husar und erzählte Stammtischgeschichten um Dr. Laub, Dr. Brand und Heiner Zepp im Fuchshof, wo es das beste Bier in Kerchem gab und wo sich Doktoren, Metzger und Schornsteinfeger zusammenfanden. Wo Schlagwörter wie: „Des krieh mer beim Biegele“ und „Es hätt noch schlimmer kumme kenne“ entstanden. Als Krönung seines Vortrages sang Walter Müller, begleitet von Joachim Henrich, den Klassiker von Udo Jürgens, abgewandelt: „Mit achtundachtzig Jahren...“ Ja, die Kibo-Fasnacht war und ist Walter Müllers Lebensbegleiter. Er war im Jahre 1946 dabei, als man sich nach dem Krieg und unter französischer Besatzung zusammenfand, wieder eine Fasnacht in Kirchheimbolanden aufzubauen. Diese ersten Protokolle und Reden erschienen den Franzosen doch zu frech und provokant, so dass Walter Müller und seine Mitstreiter in Schwierigkeiten kamen und sich verstecken mussten. Er fand Asyl in Kaiserslautern und konnte so dem Kittchen entgehen. Zusammen mit Ehrenminister Erich Hirsch gab er dann später als Napoleon und preußischer Offizier die Geschichte in der Bütt’ wieder. In der Kibo-Fasnacht lernte er auch seine Frau Lieselotte kennen, die die erste Kibo-Fasnachtsprinzessin war. Walter Müller war Präsident, Protokoller, Büttenredner und Verfasser zündender und brillanter Büttenreden, in denen er sich selbst auch nie ausnahm, wie damals, als ihm der Führerschein polizeilich abhanden kam: „Im Koffer ist mein Dackel drein, der macht jetzt seinen Führerschein.“ Ein toller Auftritt, ein schönes Wiedersehen, ein gelungener Vortrag. „In de Seniorenfassenacht ein Knüller, / in de Bitt de Walter Müller, / un er trägt soi Reddche vor, /so spritzich wie vor sechzich Johr.“

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