Donnersbergkreis Blick aufs Fremde

Ein neues Festival hat vom 26. Februar bis 3. März im Theater im Pfalzbau in Ludwigshafen Premiere. „Offene Welt“ zeigt sechs Tage lang Theatergastspiele, Konzerte und Filme zum Thema Flucht und Migration. Auch Diskussionsrunden und lokale Projekte sind geplant. Angekündigt ist ein interessantes Programm.

Bei der Planung des Festivals, so Kulturdezernentin Cornelia Reifenberg, habe man nicht ahnen können, dass dessen Thema solche Aktualität bekommen würde. Angesichts der internationalen Krisenherde wolle man „Offene Welt“ als „Aufruf für ein friedliches Miteinander“ verstanden wissen, dies gerade in einer Stadt, in der Menschen aus 140 Nationen zusammenleben und inzwischen jedes zweite hier geborene Kind einen Migrationshintergrund hat. Der Festivaletat liegt bei 500.000 Euro, 80 Prozent davon kommen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. „Offene Welt“ ersetzt die bisherigen Festwochen „Türkei“ und „Orientierung“. Der neue Intendant Tilman Gersch, der das Programm zusammen mit den Kuratoren Jürgen Berger, Daniel Richter und Bernd Jestram zusammengestellt hat, möchte mit dem neuen Festival mindestens alle zwei Jahre den Blick auf deutsche und internationale Produktionen richten, die sich mit dem Thema Migration beschäftigen. Wie wir in Deutschland mit dem Thema umgehen sei dabei genauso interessant, so Gersch, wie auch Ursachen und Folgen der Auswanderung in anderen Ländern. Die Höhepunkte des Festivalprogramms, mit dem Gersch „Ludwigshafen ganz vorne in Deutschland“ sieht, kommen vom Wiener Burgtheater und den Münchner Kammerspielen. Letztere zeigen Elfriede Jelineks „Das schweigende Mädchen“ in der Inszenierung von Johan Simons. Die österreichische Dramatikerin verknüpft den NSU-Prozess und die schweigende Angeklagte Beate Zschäpe mit der biblischen Heilsgeschichte und schaut ins Unterbewusstsein der deutschen Seele. Das Burgtheater gastiert mit „Die lächerliche Finsternis“ von Wolfram Lotz, inszeniert von Dusan David Parizek. Es geht um deutsche Soldaten in Afghanistan, es gibt Bezüge zu Josef Conrads Roman „Herz der Finsternis“ und Coppolas Vietnam-Film „Apokalypse Now“. Es geht um unsere Unfähigkeit, das Fremde zu verstehen. Die Mehrzahl der Festivalproduktionen stammt aus dem nichtdeutschsprachigen Ausland. Aus Kroatien kommt Oliver Frljic’ Stück „Aleksandra Zec“, das sich mit den Folgen des Balkankriegs beschäftigt. Der thailändische Choreograf und Regisseur Thanapol Virulhakul ist mit zwei Tanzperformances vertreten. In „Hipster the King“ geht es um moderne Großstadtmenschen, in „I am Thai“ um Fragen nationaler Identität. Auch die Solo-Performance „Virginian: The Body of Mickey Mouse“ von Cucumber the Killer, die Geschichte eines auf einem Ozeandampfer ausgesetzten Babys von Auswanderern, kommt aus Thailand, das damit einen Festivalschwerpunkt darstellt. Weitere Produktionen reisen aus Kuba, Rumänien und der Türkei an. „Persona non grata“ der beiden türkischen Theatermacherinnen Ceren Ercan und Gülce Ugurlu verschränken die Geschichten dreier Personen mit den Aufständen auf dem Tahrir-Platz in Kairo und dem Gezi-Park in Istanbul. Beim Musikprogramm ist der britische Popmusiker Sami Yusuf Star des Festivals. Der Sänger und Multiinstrumentalist gilt als größter muslimischer Popstar von heute. Außerdem gastieren das SkaZka Orchestra aus Berlin und Musiker des polnischen Elektronik-Labels Gusstaff Records. Ein weiteres Musikprojekt entsteht in Ludwigshafen: Der Komponist Volker Staub kombiniert Sounds der Stadt mit Beiträgen hier lebender Musiker. Auch zwei Theaterprojekte mit Migranten werden von Regina Wenig und Luise Rist in Ludwigshafen entwickelt. Filme und Lesungen kommen von der Berliner Serbinale, einem Festival zeitgenössischer Kunst aus Serbien. Zum Festival „Offene Welt“ gehören Diskussionsrunden, Gespräche nach den Aufführungen, ein DJ, Partys und ein Volksfest.

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