Bad Dürkheim Zeit der Alleingänge soll vorbei sein

„Lieber Erster hier als Zweiter in Rom“: Der frisch gewählte Georg Welker unterstreicht mit einem Zitat Cäsars seine Nähe zu Her
»Lieber Erster hier als Zweiter in Rom«: Der frisch gewählte Georg Welker unterstreicht mit einem Zitat Cäsars seine Nähe zu Herxheim.

«Herxheim am Berg.»Jubelarien waren es nicht, in die der 71-jährige Georg Welker am Sonntag im Dorfgemeinschaftshaus bei der Bekanntgabe des Wahlergebnisses ausbrach. Auch der weitere Verlauf des Abends, der bereits gegen 22.30 Uhr im Gutsausschank Petri enden sollte, taugt nicht zur Legendenbildung über ausufernde Wahlpartys. Es war ein Sieg, den einige bereits erwartet hatten. Der unterlegene Markus Krauß (SPD) hegte abends vor dem Einschlafen den Gedanken, dass Welkers Positionierung in Sachen Umgang mit der Hitler-Glocke den Ausschlag gegeben haben könnte.

Krauß grämte sich noch im Bett: Er dachte lange über die Frage nach, ob er einen Fehler gemacht hatte, als er sich dazu entschied, das Glockenthema im Wahlkampf nicht zu bemühen und stattdessen für die „staatstragende“ Variante optierte, die da hieß: Wir warten den Ausgang des Gutachtens ab und entscheiden dann auf breiter Basis. Mit diesem Ansinnen hatte sich der schon zu Beginn des Wahlkampfes – sollte man in einem kleinen Örtchen überhaupt davon sprechen können – den Herxheimern präsentiert. Nun fehlten dem SPD-Mann am Wahlabend 29 zu den 172 Stimmen, die Konkurrent Welker einheimste, und der 44-jährige Metallbaumeister und Justizbeamte fragte sich, ob eine klarere Profilierung einem besseren Ergebnis nicht vielleicht doch zuträglich hätte sein können. Immerhin hatte Krauß am Tag der NPD-Demo im September – damals war er noch nicht Bürgermeisterkandidat – klar gesagt, dass er die Glocke gern außerhalb des Turms in einem Museum sähe, weil sie dem Ort mittelfristig schade. Im Wahlkampf verkniff sich Krauß diese eindeutige Positionierung. Aus seiner gestrigen Analyse war aber erneut deutlich die Vermutung herauszuhören, dass die Mehrheit der Herxheimer die Glocke wohl lieber behalten würde. Dies vorausgesetzt, mag die Aussage des Wahlgewinners Georg Welker, die Glocke könne aus seiner Sicht im Turm bleiben, zum taktisch richtigen Zeitpunkt nach dem ersten Wahlgang gekommen sein. Ohnehin bringt Welker politisches Gespür mit. Er war lange Jahre Mitglied des FDP-Landesvorstands in Rheinland-Pfalz und kandidierte bei Bundestagswahlen für die Liberalen. Der 71-jährige sagte gestern, dass er eine Bürgerbefragung zu dem Glocken-Thema nach wie vor für eine Möglichkeit halte. Sollte sie schließlich im Turm verbleiben, müsse „mindestens ein Schild dahin, um zu informieren, was früher war und wie wir heute damit umgehen wollen.“ Im Gemeinderat sei seine Meinung zu diesem Thema am Ende eine unter zwölf Meinungen. Er werde nicht seinen Willen durchdrücken. In die leise Freude über den Sieg, den Welker nach eigener Aussage mit rund einem Dutzend Freunden und Unterstützern bei Petri adventlich begoss, mischte sich gestern aber doch hörbar ein Stück Genugtuung. „Lieber Erster hier als Zweiter in Rom“, stand in lateinischen Lettern auf einem Schild, das Welker unmittelbar nach seiner Wahl in Händen hielt. Was er mit dieser Aktion bezweckte? Er habe ausdrücken wollen, dass er als früherer Dorfpfarrer bis heute gerne bei den Leuten sei. So wie sein Vater, der Beigeordneter in Lauterecken gewesen sei. Und Welker konnte sich auch nicht den Verweis auf seinen Großvater ersparen, der während des Zweiten Weltkrieges als deutscher General Militärkommandant gewesen sei – und zwar in Rom. War da ein gewisser Stolz zu hören? Es ist noch nicht lange her, da wurde allzugroßer Stolz einem Herxheimer Bürgermeister zum Verhängnis. Krauß fand jedenfalls noch gestern, dass Welkers diesbezüglicher Hinweis einen schlechten Geschmack offenbarte. Ein großes Thema war die Aktion aber nicht. Stattdessen wurden gestern erste informelle Gespräche geführt und Terminsachen geregelt. Welker sprach ausführlich mit dem Beigeordneten Gero Kühner, der die Amtsgeschäfte derzeit kommissarisch führt. Kühner sagte gegenüber der RHEINPFALZ, dass er mit Welker bisher nur wenige Berührungspunkte gehabt habe. Er habe aber den Eindruck, dass die „Signale klar auf Zusammenarbeit gestellt sind“. Er sei froh, dass die Zeit ohne Bürgermeister nun vorbei sei, bekannte Kühner. „Das, was wir erlebt haben, war schwierig und anstrengend.“ Diese Situation habe vielen bewusst gemacht, dass es nur zusammen gehe. Alleingänge – und dabei dachte Kühner auch an Ex-Bürgermeister Ronald Becker – könnten immer torpediert werden. Welker selbst sieht vor sich einen Ort, dem zuletzt etwas Selbstbewusstsein abhanden gekommen sei. „Wir müssen die Themen im Dorf wieder mehr gemeinsam diskutieren“, sagte er gestern. Gegenüber seinem obersten Gratulanten, Jürgen Oberholz (FWG) , kündigte er an, dass Herxheim sich wieder mehr einmischen werde. Das klang beinahe wie eine Drohung. Oberholz nahm’s gestern gelassen. „Wenn er was hat, dann soll er kommen. Dafür sind wir als Verbandsgemeinde da“, sagte er. Er sei gespannt.

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