Bad Dürkheim Perfekte Bilder für den Kopf

Wenn die Steine des Wurstmarktplatzes sprechen könnten, sie hätten unglaubliche Geschichten zu erzählen. Beispielsweise vom gestrigen Abend, als sechs ausgewachsene Elefanten auf ihnen knieten und einer sogar einen Rüsselstand wagte. Oder von durchgeknallten Clowns, die zwei Trompeten gleichzeitig blasen. Zum zweiten Mal innerhalb von vier Jahren präsentiert Europas größter Zirkus, Krone, sein aktuelles Programm in Bad Dürkheim. Es ist wieder sehenswert.

Zirkusfan hin oder her: Wer sich drauf einlässt, landet in einer Welt zwischen Varieté, Tierdressur, Clownerie und Musik. Hier im Zelt verschwimmen Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Mitunter erzeugt Circus Krone perfekte Bilder, die im Kopf bleiben. „Die Tiere sind die Seele unseres Zirkus’“, lässt sich Christel Sembach-Krone vor der 150-minütigen Show zitieren. Ein zumindest fragwürdiger Satz angesichts immer wieder geführter Debatten über die Frage, ob man indische und afrikanische Elefanten über deutsche Autobahnen transportieren muss. Die großen „Ahs“ und „Ohs“ im Publikum beim Auftritt des weißen Löwen „King Tonga“ bestärken den Zirkus jedoch in seiner Lust an weiteren Attraktionen dieser Art. Wenn die Tiere die Seele des Zirkus sind, dann sind die Akrobaten das Herz. Etwa die Truppe Dalian auf der Duplex-Schaukel. Zehn kleine Chinesen zeigen Pirouetten, Salti und Mehrfachschrauben in einer Dynamik, die ihresgleichen sucht. Übertroffen werden die Chinesen vielleicht noch von den „Flying Zuniga“. Salti mit verbundenen Augen sind der halsbrecherische Höhepunkt vor der Pause. Das Publikum johlt und klatscht. Nicht Johlen und Klatschen, sondern Fauchen und Drohen, das sind die Aufgaben, die im Zirkus Krone die Löwen übernehmen müssen. Der weiße „King Tonga“ erfüllt seine Aufgabe, in dem er sich mit dem charismatischen Dompteur Martin Lacey auf einer glitzernden Discokugel dreht. Lachen, Staunen, Träumen – will man das Erfolgskonzept eines Zirkus Krone in drei Wörter pressen, dann sind es eben jene. Zu bestaunen wäre da der Nashornbulle „Tsavo“, der in freier Wildbahn schon lange nicht mehr leben würde, wie Presssprecherin Susanne Matzenau im Gespräch mit der RHEINPFALZ versichert. Als er die Manege betritt, herrscht für einen Moment gespannte Stille. Ein urwüchsiger Kerl, der die Gelassenheit eines Bob Marley nach drei Tüten Marihuana an den Tag legt. Es geht hier wieder nur ums perfekte Bild. Ein Kunststück bleibt „Tsavo“ erspart. Anders ist das bei „Crazy Wilson“. Ihn lässt man nicht ohne Kunststück gehen. Drei Salti mit dem Motorrad auf dem äußeren Ring des sich rasant drehenden Todesrades bilden den adrenalingeladenen Schlusspunkt im „Celebration“-Programm des Zirkus Krone. Der Abgang ist spektakulär: Der Artist landet auf einem Platz in der Loge – gerade so, als hätte er die ganze Show von dort aus verfolgt. Zum Nachahmen kaum zu empfehlen – nicht nur wegen der Steine auf dem Wurstmarktplatz.

x