Bad Dürkheim Meisterin am Cello

Nach einem eher heiteren Beginn der Reihe Seebacher Abendmusik in der vergangenen Woche hat das zweite Konzert am Donnerstag mit der Cellistin Christina Meissner, Musikprofessorin in Weimar, ein sehr ernstes und durchaus anspruchsvolles Programm geboten.

Gerahmt war das Konzert von zwei Gesängen der heiligen Hildegard von Bingen, Melodien des hohen Mittelalters, die Christina Meissner kunstvoll und vielschichtig für das Cello arrangiert hat. Dazwischen wechselte barocke mit zeitgenössischer Musik, letztere zum Teil ebenfalls von der Cellistin in enger Abstimmung mit den Komponistinnen bearbeitet. Hildegards „O frondes virga“ spielte sie in raschem Tempo, entfaltete einen wunderbar fülligen, herben Klang, artikulierte differenziert in zurückhaltend-spannungsvollem Ausdruck. Es folgte von Sofia Gubaidulina „Aus den Visionen der Hildegard von Bingen“ aus dem Jahr 1994 über einen Text, der die Offenbarung der Größe Gottes in der Schöpfung meditiert. Zu hören war ein klanglich vielschichtiger, in seinem ausdrucksstarken Ernst ungemein einleuchtender Gesang, makellos klar vorgetragen. Dann „Ricercata X“ von Giovanni Battista degli Angeli, eine der ersten Originalkompositionen für Cello solo im 17. Jahrhundert, folgerichtig aufgebaut, klanglich kostbar, eindringlich im Ausdruck. 1957 entstand die „Suite en concert“ von André Jolivet, eine farbenreiche Satzfolge mit sehnsüchtigen und trauernden Klängen, die Christina Meissner klangfarbenreich, klar, ausdrucksstark gestaltete. Offenbar ist der Übergang von Jolivets modernen Klängen und Strukturen zu Johann Sebastian Bach nicht leicht: Denn einzig am Beginn von Bachs vierter Solo-Cellosuite in Es-Dur gab es in Tonansprache und Tempo kleinere Unebenheiten, die aber recht bald wieder verschwanden. Auch hier war die Darbietung knapp, strukturell klar und plastisch. Immer wieder konnte sich der Zuhörer über mannigfaltige Klangschattierungen und den nobel-zurückhaltenden, aber alles andere als ausdruckslosen Duktus des Vortrags freuen. Stellenweise schien er tendenziell zu schnell zu sein, was sich daran erkennen ließ, dass einige rasch zu spielende Durchgangsnoten nicht mehr präzise genug ausgespielt waren. Dann gab es „For Cello solo“, ein von einem Aufenthalt in den griechischen Bergen angeregtes Stück von Chaya Czernowin von 1981 in einer kargen, archaisch anmutenden Klangsprache, nicht eigentlich verständlich, aber anrührend – was wiederum der eindringlichen Vergegenwärtigung durch die Cellistin zu verdanken war. Das Publikum – nur wenige Plätze blieben frei – feierte die ebenso klugen wie klanglich reizvollen Interpretationen Christina Meissners mit langem, herzlichem Beifall und blieb noch lange bei endlich angenehmen Temperaturen und kühlem Riesling vor der Kirche zu einem gemütlichen Austausch beisammen. (hap)

x