Bad Dürkheim Kommentar: Peinliche Inszenierung

Reinhard Steiniger wusste genau, wem er den Omega-Vorsitz zutraute. Man hätte diesen „letzten Willen“ einfach akzeptieren können.

Die Szenerie hatte Symbolhaftes: Der Lichtstrahl des Beamers teilte den Vorstandstisch in zwei Lager, hier für, dort gegen Johannes Steiniger als neuen Omega-Vorsitzenden. Wäre der 28-Jährige nicht vom Schlage seiner Eltern, er hätte sich durch das öffentlich inszenierte Misstrauensvotum der Gegenseite als beschädigt ansehen können, noch bevor er im Amt war. Immerhin ist Steiniger junior alt und reif genug, im Bundestag über nationale Belange mitzuentscheiden. Und seine Lebenserfahrung mit dem Sterben zeigte er am Beispiel seiner Großmutter, seines Onkels mit 32 und seines Vaters mit 58, allesamt dem Krebs erlegen, in seiner Vorstellung auf. Mit der es ihm gelang, einige aus den Reihen der Skeptiker für sich zu gewinnen, die vorher noch dafür votiert hatten, den Wahltermin zu verschieben. Welcher Vorteil für den Verein in einer Vertagung hätte liegen sollen, erschloss sich einem nicht. Der eindeutigen Mehrheit der Mitglieder auch nicht. Dass Wolfgang Lutz, der als Schattenkandidat ins Spiel kam, weder für eine Gegenkandidatur noch für eine Kampfabstimmung zu haben war, hätte man vorher klären müssen. Dass Steiniger bereit war, das Erbe seines Vaters anzutreten, war ja bekannt. Markus Linde hatte als kommissarischer Vereinschef die Öffentlichkeit, die Omega und seine Ziele vorbehaltlos mitträgt, auf Anfrage der Presse informiert. Dass er seine persönliche Meinung äußerte, war ebenso herauszulesen wie der Fakt, dass es im Vorstand andere Sichtweisen gab. Die Kritik an ihm war (wohl bewusst) überzogen. Wolfgang Lutz’ Absage klang in ihrer Bekräftigung auf den etwas theatralischen Appell hin auch eher nach Dolchstoß denn nach Verzicht zugunsten des Mannes, den er selbst sich noch vor Wochen am liebsten als Laudator bei seiner Verabschiedung gewünscht hätte. Es sei an dieser Stelle wiederholt: Ohne Reinhard Steiniger hätte es den Spendenerfolg nicht gegeben, und damit in der neuen Situation der Inneren Mission vielleicht kein Hospiz. Längst todkrank, war er für die Omega-Herzenssache immer noch rühriger und fleißiger als jeder andere im Vorstand, die aktivsten Mit-Arbeiter kamen aus dem Beirat. Keiner hat sich um den Verein und seine Ziele intensiver Gedanken gemacht als er. Er wusste um seine Situation, und er wusste auch genau, wem er diese Aufgabe mit all ihren Anforderungen und Ansprüchen zutrauen konnte und wem nicht. Den Nachfolgerwunsch hätte der gesamte Omega-Vorstand als seinen letzten Willen an den Verein akzeptieren und erfüllen können, ja, müssen – und sich diese letztlich peinliche Inszenierung ersparen sollen.

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