Bad Dürkheim „Ich laufe, weil ich das bin“

Friedelsheim. „Ich bin ein Wettkampftyp.“ Sagt Christian Dörr aus Friedelsheim. Der 38-Jährige liebt Herausforderungen, die extremen Herausforderungen vor allem. Und misst sich mit seinesgleichen bei Ultralangstreckenläufen oder Ultratrails. Zuletzt im Chiemgau, wo er die 100 Kilometer als Dritter bewältigte, in einer Zeit von 12.22:24 Stunden.

Und dabei rund 4500 Höhenmeter überwand. „Das ist aber nicht extrem“, winkt er ab. „Beim Eiger waren das bei der gleichen Streckenlänge 6700 Höhenmeter.“ Mit der Chiemgau-Zeit war er ganz zufrieden: „Vor allem bergab habe ich aber Zeit verloren.“ Zu extrem war die Strecke: „Da musste man an manchen Stellen richtig klettern. Aber ich wollte unter 13 Stunden bleiben, das habe ich geschafft.“ Nonstop quasi. „Es gibt da sechs Verpflegungsstationen, da hält man kurz, trinkt etwas, nimmt eine Handvoll Essen zu sich.“ Drei, vier, maximal fünf Minuten „Pause“. 100 Kilometer zu Fuß. Der promovierte Sportwissenschaftler lacht: „Ja, normalerweise machen die Leute das mit dem Auto.“ Dörr rennt. Unter Gleichgesinnten. „In dieser Szene gibt es wenig junge Leute, die meisten sind zwischen 35 und 40 Jahre alt“, erklärt der Friedelsheimer die Ultralangstreckenszene. „Ein kleiner, fast schon elitärer Zirkel.“ Nichts für jeden Läufer. „Man sollte auf alle Fälle alpine Erfahrung mitbringen und darf sich nicht selbst überschätzen.“ Nicht weiterlaufen, wenn der Körper Alarmsignale gibt oder widrige Verhältnisse wie im vergangenen Jahr, als wegen schwerer Gewitter eine Veranstaltung in der Schweiz abgebrochen wurde, weitermachen verbieten. „Es gibt auch so genannte Cut-off-Zeiten, die werden strikt eingehalten“, erklärt der Friedelsheimer. Das bedeutet, wer einen Abschnitt nicht in einer bestimmten Zeit schafft, wird aus dem Rennen genommen. Zu seinem eigenen Schutz. Dörr: „Dann ist ganz einfach klar, dass er körperlich nicht in der Lage ist, weiterzumachen.“ Dörr kommt eigentlich aus dem Radsport, war Mountainbiker, ist Straßenrennen gefahren. Bald kam der erste Triathlon. Und die Frage. „Was mache ich im Winter?“ Laufen also. Erst Volksläufe, dann Mittelstrecke, dann Marathon. Und irgendwann die Suche nach einer neuen Herausforderung, weil das alles zu eintönig geworden war. 2007 dann die Initialzündung: Graubünden-Marathon. 42 Kilometer, 2700 Höhenmeter, Gebirgskulisse. Dörr: „Das hat mir sofort gefallen. Ich habe gewusst. Das will ich machen!“ Wettkampf, in phantastischer Umgebung, Dörr ist Feuer und Flamme, denn „ich brauche die Berge“. Ultras im Dschungel oder in der Wüste. „Das wäre nichts für mich.“ Ein Sechstage-Lauf in den Alpen, das ja, auch das ist abgehakt. Dörr arbeitet als Bereichsleiter Fitness im Sportpark Friedelsheim: „Die Arbeit mit Menschen macht Spaß, man sieht auch den Erfolg, wenn Leute mit körperlichen Beschwerden hierherkommen und die Beschwerden dann abklingen“. Er selbst trainiert „normal, ohne besonderen Aufwand, viermal die Woche, vielleicht so 70, 80 Kilometer“. Nicht die Quantität, sondern die Qualität des Trainings sei entscheidend. „Ich betreibe ein qualitativ hochwertiges Training, achte auf die Regeneration.“ Er nimmt im Jahr an drei, vier großen Wettkämpfen teil. Die Familie, er hat zwei Kinder, erfordert Zeit. Sie steht natürlich an erster Stelle. Dann kommt aber schon das Laufen. Über lange Strecken, in den Bergen, da kann er die Faszination auf sich wirken lassen, wenn die Uhr läuft. Das primäre Ziel lautet immer: „Den Wettkampf genießen.“ Dann kann sich Christian Dörr verwirklichen: „Das prägt mich als Mensch. Ich laufe, weil ich das bin.“

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