Bad Dürkheim Harmonisches Geläut gibt Ton an

Die katholische St. Ludwigskirche kommt ohne viel Prunk aus. Langweilig ist das größte Gotteshaus in Bad Dürkheim deshalb aber nicht. Beeindruckend sind die vier Glocken: Die größte hat einen Nachhall von 130 Sekunden.

Unauffällig kommt sie daher, die katholische Kirche St. Ludwig. Durch die für den Klassizismus typischen hohen runden Fenster fällt sanftes Sonnenlicht in das Kirchenschiff. Die meterhohen weißen Wände geben dem Raum einen nüchternen Anstrich. Kein Protz, nichts Überflüssiges ist zu sehen. Weiß sind die Wände auch nur, weil die Kirche erst 2008 renoviert wurde. „Normalerweise sind katholische Kirchen schnell schwarz, wegen der Kerzen und dem Weihrauch“, sagt Glockensachverständiger Daniel Orth. So unauffällig die Kirche auch aussieht: Umso beeindruckender ist der Blick vom Balkon ihres Turms. Wie Puppenfiguren wirken die Spaziergänger im Kurpark, der Blick schweift über die Dächer der Stadt. 80 Treppenstufen braucht es, um auf den Balkon zu gelangen. Hinauf geht es neben dem Altar durch eine alte Holztür. Schon nach wenigen Treppenstufen landet man auf einem kleinen Absatz in einer Art Rumpelkammer: Zwei kaputte Hochzeitsstühle sind übereinandergestapelt, zwei Engelsfiguren stehen am Fenster, davor liegt eine Jesusstatue. Spinnweben und Staubkörner in der Luft verleihen dem kleinen Zimmer eine beinahe unwirkliche Atmosphäre. Über die schmale Holztreppe geht es weiter den 34 Meter hohen Turm hinauf. Hier und da sieht man noch fast faustgroße Löcher in den Stufen. „Da gingen früher die Seile für den Glockenschlag durch“, erläutert Orth. Denn die wurden vor dem Krieg noch per Muskelkraft bedient. Mittlerweile hat die Arbeit ein Motor übernommen, der nach 70 Stufen aufwärts auf einem weiteren Treppenabsatz steht. „Das ist noch der Originalmotor von 1954, der ist schon fast historisch“, sagt Orth nicht ohne Stolz. 1830 wurde die Ludwigskirche erbaut. Gemessen an der Anzahl Menschen, die im Schiff Platz finden – immerhin 420 –, ist sie die größte Kirche Dürkheims. Bis auf eine haben die ursprünglichen Glocken die beiden Weltkriege nicht überstanden. Die kleinste wurde zwar nicht für Kriegsgerät eingeschmolzen, wohl aber für den Guss einer neuen Glocke, die heute noch in der Kirche hängt. Als 1954 neue Glocken für die Ludwigskirche angeschafft werden sollten, kam es zum erbitterten Streit zwischen dem evangelischen Glockensachverständigen und dem katholischen, erzählt Orth. Der Grund: Die Protestanten hatten im Jahr zuvor in der Schlosskirche ein neues Geläut bekommen. Nun wollten die Katholiken aber Glocken bestellen, die klangfarblich nicht zu denen der Protestanten gepasst hätten. Tiefer sollten sie klingen. Nach einem regen Briefwechsel ließen sich die Katholiken aber doch erweichen. Ein Grund, warum es nun in Dürkheim harmonisch läutet. Zehn Stufen geht es vom Motor noch hoch zu den vier Glocken aus Bronze. Sie schlagen in den Tönen dis, fis, gis und cis. Letztere ist die größte, nicht jedoch die schwerste Glocke Dürkheims. „In den Turm wurde die maximale Glockengröße reingehängt. Mehr geht nicht“, erzählt Orth. Was er damit meint, wird deutlich, als es zu läuten beginnt. Die Glocken pendeln von einer Seite zur anderen, dabei bleibt kaum Platz im Glockenstuhl. Ein Dröhnen erfüllt den Turm, ohne Ohrenschutz kaum auszuhalten. „Die größte Glocke hat 130 Sekunden Nachhall“, sagt Orth. 3650 Kilogramm wiegen die vier Glocken zusammen. Dass der Turm trotz der Masse des Geläuts nicht schwankt, liegt daran, dass der Turm vergleichsweise niedrig und massiv gebaut ist. Orth: „Der schwankt nur ein bis zwei Millimeter, das merkt man gar nicht.“ Der Glockenstuhl der Ludwigskirche ist aus Metall, muss wegen Rostbefalls aber bald ersetzt werden. „Dann wird Holz genommen. Dadurch wird ein weicherer Klang erzeugt und das ist besser fürs Bauwerk, weil dann die Kräfte besser gedämpft werden“, erläutert Orth. Um auf den 20 Meter hohen Balkon zu gelangen, bedarf es einer Kletterpartie durch das Gerüst des Glockenstuhls. Von dort ist es immer noch ein gutes Stück bis zur Turmspitze. „Zur Uhr kommt man nur zu Wartungsarbeiten mit einer Leiter hin“, sagt Daniel Orth. Für den Aufstieg samt Kletterpartie lohnt der Ausblick vom Balkon aber allemal.

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