Bad Dürkheim Faszinierender Bilderbogen

Mehrdad Zaeri zeichnete in Wachenheim einen Mann, eine Frau und einen Hund.
Mehrdad Zaeri zeichnete in Wachenheim einen Mann, eine Frau und einen Hund.

Es war eine lange, faszinierende Reise, auf die der Illustrator und Autor Mehrdad Zaeri die zahlreichen Gäste am Freitagabend in der Lutherischen Kirche in Wachenheim mitgenommen hat. „Träume“, lautete die Einladung, ein faszinierendes Angebot, nicht nur teilhaben zu dürfen an den Träumen des Künstlers, sondern sich auch inspirieren zu lassen.

„Mein Beruf ist Zeichner“, so stellte Zaeri sich vor. In ruhigem Duktus begann er zu erzählen, musste zuerst weit zurückblenden, den iranischen Jungen zeigen, den Jungen, der immer nur zeichnen wollte: Der rote Faden seines Lebens. „Aber das ist eine andere Geschichte“, sagte Zaeri. Sehr gelassen wirkend, reihte humorvoll pointiert, eine Episode seines Lebens an die andere, rekonstruierte Szenen seiner Jugend. So erzählt er von heiteren, bizarren, aber auch schmerzlichen Phasen: Etwa wie er, ältester Sohn einer Arztfamilie, 1985 als Vierzehnjähriger den Iran verließ. Er berichtete, wie sich die Familie in der Türkei lebte: „wie gestrandete Wale in Istanbul“. Letztendlich in angekommen war er nun wieder Schüler, ein exotischer Fremder, der um seine Anerkennung kämpfte. Wenn Zaeri erzählt, breitet sich ein faszinierender Bilderbogen sich aus. Die Anerkennung der Mitschüler brachte ihm das, was er am besten konnte: zeichnen. Mit Stift und Papier Geld verdienen zu können, sollte allerdings sehr lange dauern. Zaeri fuhr Taxi, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, doch bei jeder Gelegenheit zeichnete er, kleine und kleinste Formate. Eine kleine Ausstellung in einem Heidelberger Café brachte erste Akzeptanz. Die Gäste in der Lutherischen Kirche folgten der Schilderung dieses Lebensweges fasziniert und gleichermaßen amüsiert, beeindruckt auch von der Hartnäckigkeit, mit der Zaeri an seinem Ziel festhielt. Gern erfüllte er die Bitte eines afghanischen Gastes um Übersetzung, so dass weiches, melodiöses Persisch zu hören war. Wie sich Traumwelten aus einfachen Zeichnungen entfalten können, erlebten die Gäste im weiteren Verlauf des Abends. Gespannt folgten sie dem Künstler, wie er offensichtlich zufällig eine Form auf das Flipchart zeichnete. „Was könnte das sein?“ Vielfältige Assoziationen tauchten auf, er griff Vorschläge der Besucher auf, setzte sie mit wenigen Strichen um. Die Phantasie sprudelte. Das Kopfkino setzte ein. „Die Leichtigkeit des gemeinsamen Genießens“, wie Zaeri diese interaktive Zusammenarbeit beschreibt, entwickelte sich spannend. Eine Frau, ein Mann, ein Hund, vielleicht, ja ... so entstand sukzessive eine Zeichnung, die eine Geschichte erzählte, aber auch Raum ließ für Spekulationen und Mutmaßungen. Der Hund bekam Räder. Wer könnten die Menschen sein, was ihr Schicksal? Viel Raum für die eigene Phantasie. Beim nächsten Bild wurden die Buchstaben des Wortes Zukunft, wahllos aufs Papier geworfen, dazu zwei persische Zahlensymbole. Hier lösten sich Kommunikationsgrenzen auf, verbindende, neu gestaltete Linien lösten eine Metamorphose aus. Langsam entwickelte sich ein zentrales Motiv Zaeris: ein Kinderwagen. Dies als ein Symbol seiner Botschaft für Freiheit, den Mut aufzubringen auch unsichere Wege zu gehen, etwas zu wagen. Auf großes Interesse stieß Zaeri, als er einen Blick in seine Arbeitsweise gab. Manche seiner Bücher sind filigrane Kunstwerke, scherenschnittartige Illustrationen produziert in aufwendigem Lasercut. Er sieht sich als eigenständiger Mitgestalter der Autoren, will den Blick zu weiteren Sichtweisen öffnen. Eine lange Schlange bildete sich beim Verkauf der Bücher, denn Zaeri zeichnete in jedes Buch für den Käufer individuelle Widmungen.

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