Bad Dürkheim „Der hat’s einfach in den Genen“

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FREINSHEIM. Kenner der Boxszene geraten regelrecht ins Schwärmen. Oliver Vlcek, für den männlichen Nachwuchs verantwortlicher Bundestrainer, spricht sogar von einem „Jahrhunderttalent“. Sein für die Männerklasse zuständiger Kollege Valentin Silaghi hält ihn für einen „potenziellen Olympiakandidaten 2020 und 2024“. Der solcherart gepriesene Alberto Mustafi vom 1. BC Frankenthal lächelt dazu schüchtern.

Der 19-Jährige, vor vier Jahren mit seiner Familie aus Serbien nach Freinsheim gekommen, belebt die Klasse des Fliegengewichts, der Athleten bis 52 Kilogramm Kampfgewicht. Obwohl erst seit dem Jahr 2012 im Boxtraining – sein Freund Daniel Judt überredete ihn damals zu diesem Sport – imponierte Alberto Mustafi im Ringgeviert verblüffend rasch. Den 1. BC-Trainern Dietmar Geier und Andreas Riedel in Frankenthal bleibt im Fall des Freinsheimers nur ehrliches Staunen. „Der hat’s einfach in den Genen“, sagt Geier. 2014 wurde Alberto Mustafi U19-Vizemeister bei der Deutschen Meisterschaft, in diesem Jahr schaffte er den gleichen Erfolg bei den Männern. Bei der Deutschen Meisterschaft im September in Straubing scheiterte er mit seinen erst 30 Kämpfen lediglich an dem in immerhin 170 Duellen versierten Chemnitzer Ringveteranen Ronny Beblik, dem der Titel zugesprochen wurde. Mit Blick auf das Kampfgericht sprachen einige Beobachter davon, das Greenhorn habe halt gegen den Routinier scheitern müssen ... Wie dem auch sei – der Elektroniker-Azubi eines Unternehmens aus Weisenheim am Sand hat längst die Eliteklasse im Boxsport hellhörig werden lassen. Und es folgt jetzt fast zwangsläufig der nächste Schritt. „Am Samstag boxe ich mit Hertha BSC Berlin in der Zweiten Bundesliga“, sagt der Freinsheimer. Alberto Mustafi freut sich natürlich auf diesen Einsatz gegen Wismar. Er wird auf den Zweitliga-Einsatz gewiss sehr gut vorbereitet sein. Von Nachwuchs-Übungsleiter Oliver Vlcek eingeladen, trainiert Mustafi seit einiger Zeit im Bundesleistungsstützpunkt Heidelberg. Der Frankenthaler Trainer Dietmar Geier bemerkt dazu: „Die Fahrerei kostet ihn einiges Benzingeld. Ein Sponsor würde ihm gut tun.“ Der Zeit ist Alberto Mustafi in einer Freinsheimer Wohngemeinschaft zu Hause. Im kommenden Januar wird er wahrscheinlich ins Boxinternat, das in Heidelberg ansässig ist, aufgenommen. Zum erweiterten Kreis der deutschen Nationalmannschaft gehört der Freinsheimer bereits; die weitere Voraussetzung dazu, die deutsche Staatsbürgerschaft, strebt er an. Die Sache mit den „Genen“, die die Fertigkeit des Faustkampfs offenbar reichlich auf Alberto Mustafi übertragen haben, ist keine reine Redensart, sie könnte in seinem Fall tatsächlich stimmen. Sein Vater Zafir Mustafi hat selbst auch geboxt, sein Onkel Redzep Redzepovski war im Jahr 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles Silbermedaillengewinner, außerdem wurde sein anderer Onkel, Selver Mustafi, 1979 Bronzemedaillengewinner bei der Mittelmeer-Meisterschaft. Alberto Mustafi wirkt bei aller Jungenhaftigkeit eher ein bisschen nachdenklich, irgendwie einsam. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Der junge Mann vermisst seine Familie. Vor kurzem mussten sein Vater und seine Mutter zusammen mit ihrem jüngsten Sohn Renato, er ist 16 Jahre alt, in ihre Heimat zurückkehren. Die Familie Mustafi, sie sind Angehörige der serbischen Roma-Minderheit, traten die Rückreise denn auch ohne Widerspruch an. Auch aus dem Grund, damit ihr ältester Sprößling Alberto dank der Fürsprache der beiden Bundestrainer Oliver Vlcek und Valentin Silaghi in seiner Wahlheimat bleiben konnte. Das junge Box-Genie will es Deutschland irgendwann mit Medaillengewinnen danken ...

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