Bad Dürkheim Beckers fataler Stolz auf die Glocke

Gibt als Bürgermeister gerade kein gutes Bild ab: Ronald Becker, Ortschef in Herxheim am Berg.
Gibt als Bürgermeister gerade kein gutes Bild ab: Ronald Becker, Ortschef in Herxheim am Berg.

Eigentlich hätte an dieser Stelle ausschließlich ein verschärftes Lob für den Dürkheimer Bürgermeister Christoph Glogger stehen sollen. Und eigentlich hätte die Herxheimer Glocke länger keine Schlagzeile mehr bekommen sollen, liebe Leserinnen und Leser. Zumindest bis zur nächsten Sitzung des Ortsgemeinderates. Dazwischen kam am Donnerstagabend leider die ARD-Sendung „Kontraste“ und mit ihr ein fatales Bild des Ortes, der doch eigentlich nur für guten Wein bekannt sein möchte. Zunächst kurz zu Christoph Glogger: Diejenigen, die etwas näher an der Stadtverwaltung dran sind, wissen, dass es dort ordentlich abgeht gerade. Das Bauamt boomt, die heiße Tourismus-Zeit steht kurz bevor, der Wurstmarkt fordert den vollen Einsatz aller Kräfte im Ordnungsamt. Parallel befasst man sich mit dem Thermen-Neubau und seit spätestens dieser Woche ist die Realisierung der Gondelbahn keine Vision mehr, sondern konkrete Herausforderung. Bei all diesen Ansprüchen trotz roter Bäckchen kühlen Kopf zu bewahren, gelingt Bürgermeister Glogger ganz gut. Man muss ja nicht seiner Meinung sein, was den Bau der Trasse auf den Teufelstein anbelangt, aber man muss davor Respekt haben, dass er dem Berufsstand des Politikers einen kleinen Teil seiner verlorenen Reputation zurückgibt, wenn er die Dinge, die er ankündigt, auch umsetzt. „Hop oder Top“, hieß es zu Beginn des Jahres, als er ankündigte, nun schnell einen Investor für die Gondelbahn finden oder das Projekt endgültig abschreiben zu wollen. Er hat Wort gehalten. Zumindest das hat er einigen Bundespolitikern voraus, die gerade wieder Wahlversprechen verbreiten, die sie oftmals nicht werden halten können. Dass Lokalpolitiker nicht zwangsläufig besser als Bundespolitiker sein müssen, bestätigt sich gerade in regelmäßigen Abständen in Herxheim am Berg. Ronald Becker (FWG), ehrenamtlicher Ortschef, hat sich den nächsten Fauxpas in einer Fernsehsendung der ARD geleistet. Er verschlimmerte sein Statement über die Glocke aus den vergangenen Wochen sogar. „Es ist die einzige hier in Rheinland-Pfalz, ich glaube drei Stück gibt es in der ganzen Bundesrepublik, die diese Aufschrift tragen. Von daher kann man da nur stolz sein“, sagte er in dem Beitrag. Nochmal zu Erinnerung: Die Glocke trägt die Aufschrift: „Alles für’s Vaterland – Adolf Hitler“. Dabei hätte Becker es selbst in der Hand gehabt, dem Thema früh die Spitze zu nehmen. Er tut das Gegenteil: In „Kontraste“ sagte er außerdem noch Folgendes in die Kamera: „Wenn man den Namen Adolf Hitler nennt, dann ist gleich die Judenverfolgung und die Kriegszeiten als erstes obenauf. Wenn man über so eine Sache berichtet, soll man umfangreich berichten, dass man sagt, das waren die Gräueltaten und da waren Sachen, die er auch in die Wege geleitet hat und die wir heute noch nutzen.“ Mir blieb kurz die Spucke weg vor dem Fernseher, und die Herxheimer sollten sich spätestens jetzt fragen, ob Becker nach diesen Äußerungen als Bürgermeister noch tragbar ist. Die Landes-FWG denkt jedenfalls nach einem Bericht des SWR über Disziplinarverfahren nach - auch ein Parteiausschluss sei denkbar. Durch den Zweiten Weltkrieg, den Hitler angefangen hat, sind schätzungsweise bis zu 80 Millionen Menschen zu Tode gekommen, darunter rund sechs Millionen Juden. Hitler hat die Tötung von Menschen zu einer Industrie gemacht und dafür gesorgt, dass ein ganzer Globus unter den Folgen litt und leidet. Mit diesem Wissen gelangen wir zur Kernfrage: Ist es möglich, diese Taten zu relativieren, indem man sagt: Ja, aber er hat auch Autobahnen gebaut und Glocken schmieden lassen, die wir bis heute nutzen? Auch der frühere SPD-Gemeinderat Bernd Schmidt sprach in der Sendung: „Es war nicht alles schlecht“, sagte er. Prompt kam wieder das Autobahn-Argument. Ich persönlich kann diese Stammtischparolen nicht mehr hören und frage mich, warum Menschen dringend etwas Gutes an der Nazizeit finden wollen? Es ist inzwischen weithin bekannt und belegt, dass die erste Autobahn bereits 1932 – also vor Hitler – eingeweiht wurde. Und zwar von Konrad Adenauer, der damals Oberbürgermeister von Köln war und das Stück bis nach Bonn freigab. Bereits während der Weimarer Republik wurden weitere Strecken geplant. Nationalsozialisten versuchten Autobahnen zu dieser Zeit sogar zu verhindern und bezeichneten sie gemeinsam mit den Kommunisten als „Luxusstraßen für Plutokraten“. Hitler widmete Adenauers Autobahn später zur Landstraße um, um den Ruhm für sich alleine zu haben. Wann hört dieses Autobahn-Argument endlich mal auf? Vertiefend nachzulesen ist vieles in dem Werk „Mythos Reichsautobahn“, das es im Links-Verlag gibt. Zurück zur Glocke: Mit seiner dauernden Geschichtsverharmlosung tut Becker seinem Ort keinen Gefallen. Er sollte seine Aussagen zurücknehmen, sonst fügt er dem Bürgermeister-Amt großen Schaden zu. Ein Wochenende mit besseren Schlagzeilen wünscht

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