Bad Dürkheim Wurstmarkt: Blut, Erbrochenes und Tränen

Die Tragen mit Blaulicht und Martinshorn an der Vorderseite hat Marcel Schmidt selbst gebaut.
Die Tragen mit Blaulicht und Martinshorn an der Vorderseite hat Marcel Schmidt selbst gebaut.

Während des Wurstmarkts sind die ehrenamtlichen Helfer des Deutschen Roten Kreuzes nahezu im Dauereinsatz. In fünf Teams werden die Ersthelfer nach dem Rotationsprinzip rausgeschickt. Die RHEINPFALZ war am Samstagabend zur Hauptstoßzeit mit dabei.

Hinten links beim Hinweg, vorne rechts beim Rückweg. Das ist der Platz an der Trage, die mir Christian Astor zuweist. Er übernimmt den Funkkontakt mit der Einsatzzentrale bei der Wurstmarktwache und koordiniert die Arbeit in unserem Team. Jedes dieser Teams besteht aus mindestens vier Helfern. Es dauert keine fünf Minuten, dann kommt auch schon der erste Alarm. „Hilflose Person“, heißt es im Funk. Der Klassiker auf dem Wurstmarkt. Doch: Auch wenn man davon ausgehen kann, dass es sich um einen Betrunkenen handelt, der so alkoholisiert ist, dass er nicht mehr laufen kann, nehmen die Männer und Frauen vom DRK den Einsatz ernst. „Du weißt nie, ob es sich nicht vielleicht doch um was Ernstes handelt“, erklärt Astor. Vom Herzinfarkt bis zum Schlaganfall kann alles dabei sein. Bei einem Fest mit 600.000 Besuchern ist das nicht auszuschließen.

Besucher erschweren den Einsatz

Wir fahren zum Einsatzort am Rande des Wurstmarktplatzes. Eine junge Frau sitzt auf der Bank und übergibt sich. Ihre Freunde halten sie fest. „Die Freundinnen bitte mal weg“, ruft eine DRK-Sanitäterin. Es ist nicht immer leicht, sich in Ruhe um die Patienten zu kümmern. Gerade, wenn deren Freunde auch betrunken sind und zu viele Menschen versuchen, zu helfen. Auf dem Rückweg, mein Platz ist vorne rechts, ist es meine Aufgabe, Platz zu schaffen, um durch die Menschenmassen zu kommen. Das ist nicht immer leicht. Einige betrunkene Menschen fühlen sich offenbar gestört, dass wir mit unserer Trage ihre Wurstmarkt-Idylle stören. Bei jedem Schubser, den man zwangsläufig verpassen muss, ist mit einem Gegenschubser zu rechnen. Andere verspotten das Blaulicht vorne an der Trage und machen Martinshorn-Geräusche. Doch die meisten Pöbler haben es auf die Patienten abgesehen. „Des hoschd devun, wann de so viel saufschd“, „wer saufe kann, kann ah laafe“ und „es nächschde mol besser Cola“, schallt es der Patientin entgegen. Auch, wenn die Pöbler recht haben. Man verbündet sich irgendwie mit dem Menschen, den man soeben hilflos aufgesammelt hat. Und: Es hilft in dem Moment nicht weiter, belehrend zu sein.

Blut, Tränen und Erbrochenes fließen in Strömen

Wer sich in der Ambulanz umschaut, könnte meinen, in einem Kriegsfilm gelandet zu sein. Wie in einem Feldlazarett steht hier eine Trage neben der anderen. Daneben ein Besucher-Hocker und ein Eimer, darüber eine Halterung für die Infusionsbeutel. Blut und Tränen fließen hier in Strömen. Und Erbrochenes. Wer das leibhaftige Elend sehen will, muss nur in die Gesichter der Patienten und ihrer Begleitpersonen sehen. Kaum angekommen, kommen auch schon wieder Marcel Schmidt, der Mann mit dem Klemmbrett, mit dem nächsten Einsatz. Auf seinem Brett notiert Schmidt, welche Teams gerade raus sind, welches als Nächstes dran ist und welche Tragen belegt sind. Er ist so etwas wie die rechte Hand von Einsatzleiter Uwe Eidmann. Die rollenden Tragen stammen übrigens von Schmidt und kamen beim Wurstmarkt 2010 erstmals zum Einsatz. Vorher hatte man kleine Räder von Einkaufswägen als Rollen benutzt. Schmidt hat sie etwas geländegängiger gemacht. Und aus einem ausrangierten DRK-Motorrad hat er das Blaulicht ausgebaut und an der Trage montiert. Mit einer Autobatterie wird das Ganze betrieben. Außerdem kann man per Knopfdruck ein Martinshorn einschalten. Diese Dürkheimer Erfindung hat es mittlerweile sogar auf andere große Volksfeste geschafft. Auf dem Wurstmarkt hilft sie enorm, sich Platz zu verschaffen.

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