Hart am Leben Was uns die Weihnachtskarte von Prinz William und seiner Familie sagt

Eine schrecklich normale Familie: Die Weihnachtskarte von Prinz William – und Kate.
Eine schrecklich normale Familie: Die Weihnachtskarte von Prinz William – und Kate.

Prinz William im offenen weißen Hemd und Jeans, die strandfrisierte Prinzessin Kate, die ihn anstelle Genre-üblicher mannshoher Doggen flankiert, hat an ihrem weißen Oberteil einen Knopf mehr geöffnet als er. Prinzessin Charlotte muss Jeans mit fadenscheinigen Knien auftragen. Strümpfe fehlen, Schnürsenkel sind in ihren Segeltuchschuhen ohnehin nicht vorgesehen. Prinz Louis daneben sieht aus, wie gerade aus der Vorschule abgeholt. Thronfolger-Thronfolger George darf als einziger ein weißes Markenhemd anhaben – von Polo Ralph Lauren. Zweite Wahl womöglich, aus dem Outlet. Wenn Herrscherbildnisse Machtverhältnisse repräsentieren, hat die Zukunft der britischen Monarchie abgedankt.

Oder, was soll uns die offizielle Schwarzweiß-Weihnachtskarte sonst sagen, auf der die angehenden Königs als Familie Saubermann posieren – als sei das Bild Platzhalter im Ikea-Rahmen RIBBA für den Reihenhauskaminsims. Früher, im Großreich Lamettaland, preschten Majestäten wenigstens noch Zepter-schwingend und hoch zu Ross durchs Bild. Diesen Royals hier fehlen alle Insignien und zudem weihnachtliches Gedings. Sie scheinen in ein leergeräumtes, graues Display geraten. Zur Kenntlichkeit entstellt von einer höheren Macht.

„Troppo vero“ – zu wahr – fand einst Leo der Große ein Porträt, das kein geringerer als Raffael von ihm gemalt hatte. Das jetzige Thronfolgerbild von Starfotograf Josh Shinner dagegen ist wahrhaftig verlogen, wenn man bedenkt, dass Prinzessin Kate vergangenes Jahr 300.000 Euro für Anziehsachen ausgegeben hat; nur um für den selbstrepräsentativen Anlass jetzt in einer Bluse zu erscheinen wie die Steffis dieser Welt zum Glühweinausschank?

Und kann es nicht sein, dass sich Prinz Louis im wahren Leben noch im Besitz seines Mittelfingers befindet? Und William und Kate mit zwei Beinen im Leben stehen, was dieses Bild doch gerade beweisen will, auf dem sie jeweils einbeinig sind. Wofür Velazquez oder Goya berühmt waren, versteckte Gemeinheiten, mit denen sie ihre königlichen Auftraggeber charakterisierten, erledigt heute offensichtlich die künstliche Intelligenz. So ist, was vielleicht als Palastrevolution mit Photoshop gedacht war, genauer betrachtet, voll daneben. Die Vergleichsweihnachtskarte von King Charles und seiner Camilla legt es einem ans Herz.

Auf der zeigt sich das royale Paar am 6. Mai, dem vorweihnachtlichen Krönungstag, wie es sich gehört und den lebenswirklichen Tatsachen entspricht – drei rot beteppichte Treppenstufen hoch abgehoben. Voll königlich aufgerödelt, bekrönt, ernst blickend, frontal und huldvoll zum Plebs gewandt wie schon Kaiser Franz I auf Friedrich von Amelings Monarchenporträt aus dem Jahr 1832. Die Schleppen wallen. Die Szenerie ist von William und Kate (anständig angezogen), Untergebenen, Draperie und der Gewissheit eingefasst, noch nicht mal auf einer Weihnachtskarte irgendwer zu sein – und sein zu wollen. Der König lächelt nicht. Ergebenster Dank. Und: Frohe Weihnachten.

x