Kulturhauptstädte Was Tartu, Bodø und Bad Ischl dieses Jahr planen

So soll es aussehen am 3. Februar im nordnorwegischen Bodø. Das computergenerierte Bild zeigt die vom Berliner Künstlerkollektiv
So soll es aussehen am 3. Februar im nordnorwegischen Bodø. Das computergenerierte Bild zeigt die vom Berliner Künstlerkollektiv Phase7 eigens gebaute schwimmende Bühne für die Eröffnungsfeier zum Kulturhauptstadtjahr.

In Norwegen, Estland und Österreich hat das Kulturhauptstadt-Jahr für Bodø, Tartu und Bad Ischl begonnen. Die drei Städte präsentieren sich mit Hunderten Veranstaltungen. Es geht vor allem um Sichtbarkeit und Nachhaltigkeit.

Für Bodø in Norwegen, Tartu in Estland und Bad Ischl in Österreich hat am Montag das Jahr als Europäische Kulturhauptstadt begonnen. Ob Mittsommer-Fest über dem Polarkreis, Sauna-Debattenfestival im Baltikum oder Ausstellungen über die dunklen Seiten der Alpen: Die drei Orte haben sich viel vorgenommen.

So möchte Bad Ischl, bekannt als romantischer Kurort, in dem Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Sisi ihre Sommer verbrachten, mit 22 weiteren Kommunen des Salzkammerguts in über 300 Projekten auch dunkle Seiten zeigen – vom Übertourismus über die Folgen des Klimawandels bis zu der historisch belasteten Vergangenheit. Zur offiziellen Eröffnung des Kulturhauptstadt-Jahres am 20. Januar aber gönnt sich Bad Ischl doch eine große Show: Der aus dem Salzkammergut stammende Tom Neuwirth, besser bekannt als ESC-Siegerin Conchita Wurst, bestreitet mit Rapperinnen und einem tausendstimmigen Jodler-Chor das Eröffnungskonzert (wir berichteten).

Blick auf Tartu: das Denkmal für den estnischen Journalisten und Dichter Johann Voldemar Jannsen mit der Bogenbrücke im Hintergr
Blick auf Tartu: das Denkmal für den estnischen Journalisten und Dichter Johann Voldemar Jannsen mit der Bogenbrücke im Hintergrund.

Die alte Universitäts- und Hansestadt Tartu wiederum gilt seit jeher als kulturelles Herz des kleinen Baltenstaats im Nordosten Europas mit nur 1,2 Millionen Einwohnern. Als Kulturhauptstadt will Tartu nun auch außerhalb Estlands sichtbarer werden. Dazu werden unter dem Motto „Arts of survival“ (Überlebenskünste) über 1000 Veranstaltungen gestemmt. Zu den Höhepunkten zählen im Sommer das Massenküssen-Spektakel „Kissing Tartu“ und das Sauna-Debattenfestival „Naked Truth“.

Tartu mag nur die zweitgrößte Stadt Estlands sein und wirtschaftlich deutlich im Schatten der Hauptstadt Tallinn stehen. Doch in Sachen Kultur liegt die alte Universitäts- und Hansestadt mindestens auf gleicher Höhe. Die Stadt mit fast 100 000 Einwohnern war einst die Wiege des nationalen Erwachens der Esten und Geburtsort des estnischen Liederfestivals, des estnischen Theaters und im Grunde auch des estnischen Staats. Am 2. Februar 1920 wurde dort der Friedensvertrag von Dorpat – so der alte deutsche Name von Tartu – unterzeichnet, in dem Sowjetrussland die Souveränität des sich 1918 als unabhängig erklärenden Estlands anerkannte.

Mode, Sauna, Kabeljau

Eröffnet werden soll das Kulturhauptstadt-Programm in der studentisch geprägten Stadt, die in einer eigens komponierten Tartu 2024-Hymne als „Young Blood City“ besungen wird, am 26. Januar: Der Domberg soll mit Licht, Kultur und Wissenschaft erfüllt werden. Diskussionen, Theateraufführungen, Literatur- und Musikveranstaltungen stehen auf dem Programm.

Ein Schwerpunkt über das Jahr hinweg soll dann das Verhältnis von Natur, Umwelt und Technologie bilden. Das Langzeitprojekt „Kuratierte Biodiversität“ fördert Umweltschutz, erhöht die Artenvielfalt in Parks und will mehr Aktivitäten für alle Generationen anbieten. Weitere Höhepunkte sind ein Symposium für Baumskulpturen und Landschaftskunst sowie ein Festival für Bewegung und Wohlbefinden. Das Promi-Highlight dürfte der Auftritt von Weltstar Sting am 10. Juni in Tartu sein. Lokalkolorit versprechen ein Estnisches Modefestival, ein Europäischer Sauna-Marathon, ein Hanf-Festival oder der sogenannte Kabeljau-Inspirationstag.

Nördlich des Polarkreises

Bodø in Norwegen ist die erste Europäische Kulturhauptstadt nördlich des Polarkreises. Mit mehr als 1000 Veranstaltungen wollen die 50.000-Einwohner-Stadt und die Region Nordland Europa zeigen, dass sie nicht nur über eine atemraubende arktische Natur, sondern auch Kultur verfügen. Die Organisatoren hoffen auf mehr als 500 000 Besucher. Die Region ist riesig: Wer Nordland von Nord nach Süd durchfährt, der legt gut 800 Kilometer zurück – das entspricht etwa der Strecke von Hamburg nach München.

„Bodø2024“ ist das größte Kulturprojekt, das es bisher in Nordnorwegen gab. Bodø zielt darauf ab, die nachhaltigste Europäische Kulturhauptstadt jemals zu sein und will im Frühjahr das weltweit nachhaltigste Konzert „Pure Music“ veranstalten. Die Kultur der Samen, des indigenen Volkes in der Region, soll ebenfalls einen besonderen Fokus erhalten.

Mehrere Angebote haben Verbindungen zu Deutschland, darunter die Eröffnungsfeier am 3. Februar: Dann soll es ein spektakuläres Hafen-Event mit dem Berliner Künstlerkollektiv Phase7 und einer eigens dafür gebauten schwimmenden Bühne geben. Zu Mittsommer am 22. Juni ist ein Großereignis unter freiem Himmel geplant. Und im November und Dezember soll es das erste Lichterfestival von Nordland geben.

Im Jahr 2025 ist Deutschland wieder an der Reihe, eine Kulturhauptstadt zu stellen. Ausgewählt wurde Chemnitz in Sachsen. Zweite Europäische Kulturhauptstadt 2025 wird Nova Gorica in Slowenien.

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