Kultur Tagebuch aus Salzburg: Knieschmerzen auch ohne Sport

Das war er im Grunde schon. Mein Festspielsommer. Am Mittwoch folgt noch Schostakowitschs „Lady Macbeth von Mzensk“, dann übernimmt ein Münchner Kollege unsere Berichterstattung, auch die „Aida“ mit Anna Netrebko. Der Kollege ist nicht auf die Schulferien angewiesen, kann deshalb auch später erst urlauben und quasi die kompletten Salzburger Festspiele besuchen. Der Hype übrigens um die Netrebko-„Aida“ ist extrem hier in der Stadt. Ale reden nur davon – und merken gar nicht, dass große Kunst keine große Show sein muss. Man nehme sich nur mal John Eliot Gardiner als Vorbild. Das waren jetzt sieben Opern in elf Tagen, dazu der sehr bewegende Festakt für Wieland Wagner im Bayreuther Festspielhaus. Etwa 27 Stunden Musik, ohne dass eine Stoppuhr zum Einsatz gekommen wäre. Die Pausen nicht mitgerechnet. Knie und Rücken schmerzen, vor allem, weil man ab einer Größe von 1,80 Meter in der Salzburger Felsenreitschule Schwierigkeiten hat. Man denkt dann sehnsuchtsvoll an die bequemen Sitze im Kaiserslauterer Pfalztheater. Ab September wieder. Ausgleichssport ging irgendwie auch nicht. Die Joggingsachen sind unbenutzt in den Koffer gewandert. Schieben wir es einfach mal auf das schlechte Wetter. Publiziert wurden in dieser Zeit zwölf Texte, Rezensionen, zum Teil auch online, Tagebücher. Auch die Facebookseite will gefüttert werden. Man kommt irgendwann in eine Art Festspielflow. Aufstehen, frühstücken, schreiben, ein wenig die Beine vertreten, nächste Oper. Vielleicht ein Feierabend-Viertel Veltliner. Oder Zweigelt. Mit Kollegen, zwecks Austausch über das Gesehene. Festspiel-Rhythmus. Für einen Musikkritiker ist es wichtig, auch mal über den Tellerrand der eigenen Region blicken zu können. Einerseits, weil man ja mal sehen und hören will, was die vermeintliche Weltspitze – denn zu dieser zählen sich ja die Festivals in Salzburg und Bayreuth – zu leisten in der Lage ist. Andererseits, um immer wieder festzustellen: Die kochen auch nur mit Wasser, weshalb man es so ungefähr mit Wagner sagen könnte: „Verachtet mir Eure Stadttheater nicht“. Dort, in Kaiserslautern, in Mannheim oder Karlsruhe, wird die Basisarbeit geleistet. Und die ist wichtig. Dennoch ist es natürlich ein Privileg, die Festspiele besuchen zu dürfen. Man ist quasi reduziert auf die Idealvorstellung vom Redakteursleben, die mit dem Alltag nicht immer kompatibel ist. Man darf Dinge erleben, erfahren, erfragen, und man darf darüber schreiben. Für den Leser. Welch ein Geschenk!

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