Kultur Saisonstart der Deutschen Staatsphilharmonie: Musik zum Chaplin-Film „City Lights“

Der Tramp Charlie Chaplin und sein Blumenmädchen im Film „Lichter der Großstadt“ von 1931.  Foto: Imago Images/ Hollywood Photo
Der Tramp Charlie Chaplin und sein Blumenmädchen im Film »Lichter der Großstadt« von 1931.

Ein Zeitalter wird besichtigt: Der Zyklus „Modern Times“, der jetzt zum siebten Mal die Saison der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz einläutet, steht diesmal ganz im Zeichen des Jubiläums zum hundertjährigen Bestehens des 1919 gegründeten Orchesters. Die Atmosphäre der Nachkriegszeit, die Suche nach Orientierung in dieser unserer Gegenwart ähnlichen Zeit des Umbruchs, beschwören die vier „Modern-Times-Konzerte“.

Ein unkonventionelles Programm jenseits des landläufigen Konzertkanons gab den Auftakt: Am ersten Abend wurde ein Stummfilm-Klassiker, Charlie Chaplins „City Lights“ (Lichter der Großstadt) mit Live Orchesterbegleitung aufgeführt. Adrian Prabava dirigierte die Staatsphilharmonie im Ludwigshafener Pfalzbau.

Beim Film handelte es sich um einen authentischen Abschied vom Gestern. Er entstand zu einer Zeit, als der Tonfilm den Stummfilm praktisch schon verdrängt hatte. Chaplin indes fremdelte zunächst mit der neuen Gattung – und verabschiedete die alte mit einem bewundernswerten Meisterstück. „City Lights“, 1931 in Hollywood zum ersten Mal gezeigt, wurde zu seinem bis dahin größten Erfolg.

Im Mittelpunkt steht Chaplins klassische Figur: der Tramp in zu enger Jacke, übertrieben weiter Hose, zu großen Schuhen, die ihn zu einem watschelnden Gang zwingen, mit Spazierstock, Melone und kleinem Schnurrbart. Ein mittelloser, oft gedemütigter Außenseiter der Gesellschaft – und zugleich ein Gentleman und Träumer, der mit unerschütterlichem Idealismus an Menschlichkeit und das Gute glaubt.

Der Tramp und das Blumenmädchen

Der Film handelt von der Liebe des Tramps und eines blinden Blumenmädchens, das am Ende durch eine Operation sein Sehvermögen zurückgewinnt. Zur Operation verhilft ihr der Tramp. Vor dem Happyend dieser, zugegeben, etwas rührseligen Liebesromanze gibt es eine lange Reihe urkomischer, slapstickartig grotesker, an Skurrilität mitunter kaum zu übertreffender, virtuos inszenierter Szenen und Situationen.

Chaplins Fantasie und Geschick waren unerschöpflich. Dazu gehört auch die Freundschaft mit einem manisch-depressiven alkoholkranken Millionär, den der Tramp vom Selbstmord abhält. Allerdings gilt diese Freundschaft nur unter Alkoholeinfluss. In nüchternem Zustand erinnert sich der reiche Mann an nichts und ließ den „Freund“ von seinem Butler drangsalieren. Zu einem filmischen Coup ersten Ranges geriet der Beginn: eine patriotische Feier zur Enthüllung einer Siegesstatue, mit Fanfaren und Festrednern, die nur unverständliches Gebabbel hervorbringen. Als dann das Denkmal enthüllt wird, erblickt man den auf dem Schoß der Göttin schlafenden Tramp.

Die Musik stammt von Chaplin selbst

Die Musik stammt im Wesentlichen von Chaplin selbst. Er war kein Musiker, spielte zwar ein wenig Violine und Cello. Notenlesen war indes nicht unbedingt seine Sache und Notenschreiben schon gar nicht. Dafür muss Chaplin aber offenkundig ganz außergewöhnlich musikalisch gewesen sein. Seine Vorstellungen soll er professionellen Arrangeuren vorgeträllert oder -gepfiffen haben, die sie dann einrichteten. Für die Ludwigshafener Aufführung arrangierte Timothy Brock die Orchesterbegleitung nach der Originalmusik. Das Leitmotiv des Blumenmädchens beruht auf José Padillas Welthit „La Violetera“.

Zu hören gab es sehr ohrengefällige, romantisch geprägte, wenn es darauf ankam, sentimentale Musik mit süffigen Melodien, stellenweise im Walzertakt. Mit Sicherheit hatte diese Musik die Bilder und Bewegungsabläufe, die Situationen und Stimmungen, die emotionale Substanz der Handlung, begleitend oder kontrapunktierend, eindringlich umgesetzt.

Durch die unter Adrian Prabavas straffer, energisch exakter Stabführung kompakt, mit intensivem Nachdruck beschwingt aufspielende Staatsphilharmonie erfuhr sie durchweg adäquate Aufführung.

TERMIN

Im zweiten „Modern-Times“-Konzert, übermorgen um 19.30 Uhr in der Ludwigshafener Friedenskirche, wird Michael Francis die Staatsphilharmonie zum ersten Mal in seiner offiziellen Eigenschaft als Chefdirigent leiten.

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