Kultur "Rheingold" bei Pfingstfestspielen in Baden-Baden

Wotan (Michael Volle, rechts) ist besessen davon, den Ring zu gewinnen. Alberich (Johannes Martin Kränzle, links) und Loge (Dani
Wotan (Michael Volle, rechts) ist besessen davon, den Ring zu gewinnen. Alberich (Johannes Martin Kränzle, links) und Loge (Daniel Behle) sehen entsetzt und verwundert zu. Szene aus dem »Rheingold«.

Die Elemente Wasser und Feuer standen unausgesprochen im Blickpunkt des Programms der Pfingstfestspiele im Festspielhaus Baden-Baden. Händels Wasser- und Feuerwerksmusik gab es in einer gewaltig besetzten Aufführung. Vor allem aber setzte Wagners „Rheingold“ in konzertanter Aufführung nachhaltige Akzente.

Dafür war das NDR Elbphilharmonie Orchester von der Elbe an die Oos gekommen – und eigentlich hätte dessen Chef, der in Baden-Baden viel beschäftige Thomas Engelbrock, dirigieren sollen. Nach dessen krankheitsbedingter Absage stand Marek Janowski am Pult. Der Dirigent der legendären Dresdner Studioproduktion aus der Zeit um 1980 und aktuelle Bayreuther „Ring“-Dirigent bot eine sagenhafte Interpretation, gerade weil er ohne jede Allüre ganz auf die Sache konzentriert war und seine reiche Erfahrung mit der Partitur einsetzte für eine absolut überlegene, jedes Motiv sinnvoll in den Gesamtzusammenhang einbindende Wiedergabe. Janowskis fließende Tempi waren idealtypisch, auch die Klangregie war ebenso sinnlich wie sinnfällig. Das Orchester, durch Günter Wand zwar mit dem Wagner-Verehrer Bruckner, aber mit des Meisters Musikdramen wenig vertraut, zeigte sich in fantastischer Form und ließ viele Opernalltag untergehende Momente hören. Die Szene wurde nicht vermisst. Im Gegenteil: das erstklassige Ensemble wusste die Figuren so ausdrucksvoll zu charakterisieren, dass Handlung und Personenkonstallationen eigentlich besser als in jeder Inszenierung nachvollziehbar waren. Besonders Michael Volle lieferte ein sensationelles Porträt des machtbesessenen und eifernden Gottes Wotan, von der Macht seines Baritons gar nicht zu reden. Johannes Martin Kränzle gab einen sehr differenzierten, weil nirgends überzeichneten Alberich. Als Loge überzeugte Daniel Behle durch eine ausgefeilte Textdiktion und bemerkenswerte Stimmkultur. Gar nicht polternd agierte auch der früher in Karlsruhe engagierte Christof Fischesser als Fasolt. Mit herrlichem Timbre und erlesen modellierten Tönen setzte Nadine Weissmann als Erda Zeichen. Vor Baden-Baden gab es Konzerte mit dieser Einstudierung in der „Elphi“. Doch klang dieser Wagner ersten Ranges bestimmt bemerkenswert. Aber im Festspielhaus ist die Akustik mindestens ebenso gut. Daniel Behle blieb in seinem Solokonzert am Wasser und sang mit dem Oliver Schnyder Trio sein apartes Hamburg-Lieder-Programm. Zu dem schon erwähnten Händel-Programm kam das französische Barockensemble Le Concert Spirituel unter Hervé Niquet über den Rhein und bot alle Teile der Wassermusik sowie die Feuerwerksmusik mit je neuen Trompeten und Hörnern, 15 Oboen, acht Fagotten, dazu Streicher und Schlagwerk. Doch es war weniger die quasi großsinfonische Lautstärke, die den Reiz dieser Aufführung ausmachte, als vielmehr die geistreiche Lebendigkeit und Spritzigkeit des Musizierens. Hervé Niquet als der Bandleader einer wahrlich barocken Big Band animierte sein Riesenensemble zu zündenden Tempi und einem dynamisch höchst variablen Spiel. Mehr tänzerischer Elan und mehr Feuer lassen sich bei diesen Stücken kaum vorstellen. Reizvoll war auch der Einstieg mit prachtvoller französischer Musik von Marc-Antoine Charpentier. In anderen Konzerten kamen unter anderem der Pianist Sir Andras Schiff und die Sopranistin Diana Damrau wieder ins Festspielhaus. Dort ist die Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter ständig Gast. 40 Jahren nach ihrem Durchbruch mit Karajan war sie wieder hier – und mit Schuberts Forellenquintett und Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ hatte ihr Programm auch mit Wasser zu tun.

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