Kultur Rätselspaß mit Hintergrund

Zunächst darf der Betrachter raten: Welche Farbe gehört zu welcher Marke? Rozbeh Asmani stellt mit seinen „72 Colourmarks“ (Auss
Zunächst darf der Betrachter raten: Welche Farbe gehört zu welcher Marke? Rozbeh Asmani stellt mit seinen »72 Colourmarks« (Ausschnitt) diese Frage. Das Milka-Lila oben links ist da noch leicht zu erkennen.

Eine Foyerausstellung, die ins Auge sticht, wird heute in der Pfalzgalerie Kaiserslautern eröffnet. Die übersichtlich gehängte Schau zeigt Arbeiten des jungen deutsch-iranischen Künstlers Rozbeh Asmani. Sie fallen durch ihre kräftigen Farben auf und könnten als Konkrete Kunst durchgehen. Doch es steckt mehr dahinter.

Nein, die Pfalzgalerie ist nicht in die Hand eines Lebensmitteldiscounters gefallen, der sein Portfolio erweitern will. Obwohl sein Logo, ein gelber Kreis, umrandet mit einer roten Linie und platziert auf blauem Grund, derzeit prominent auf den Veröffentlichungen des Museums prangt. Vielmehr ist die Reproduktion des Lidl-Firmensignets, allerdings ohne den Schriftzug, eine Arbeit des 1983 in Shiraz (Iran) geborenen und in Köln lebenden Rozbeh Asmani. Er beschäftigt sich mit der Wirkung von Farben in der Werbung im Sinne von Identifikation. Und so hat er in den 72 Blättern seiner Serie „Colourmarks“, die an einer Wand geblockt zu sehen sind, illustre Nuancen und Firmen versammelt. Für den Besucher bedeutet dies zunächst einmal ein heiteres Rätselraten, bei dem ihm freilich ein Faltblatt helfen kann. Doch auch so gelingt die Identifizierung mancher Farbe: Das Milka-Lila, eine der ersten in den 1990er Jahren geschützten Farben, ist ein prominentes Beispiel dafür. Ebenso die Bronze-Schwarz-Kombination von Duracell, die Blautöne von Aral und Nivea, das Haribo-Gold, der blau-silberne Farbverlauf von O2, das Telekom-Magenta oder UPS-Braun. An dieser Stelle sei der politischen Korrektheit halber angemerkt, dass es selbstverständlich noch andere Autofirmen gibt. Ein großer Rechercheaufwand steckt hinter diesen Markengeschichten, die in einem aufwendig gestalteten Künstlerbuch nachzublättern sind. Asmanis Rätselspaß erfährt dort einen ernsten Hintergrund, wo es um die moderne Ästhetik und ihre viel versprechenden, satten Farben geht – gerade auch im Kontrast zur „wahren“ Firmenidentität. Denn was suggeriert uns schließlich das schöne und reine Blau des Mineralölriesen? Daneben geht es dem 35-jährigen Künstler um Prägungen, die unser aller Leben durchdringen. Dass nicht nur Farben, sondern auch Formen geschützt sind, belegt Asmani in einer Vitrine. Dort zeigt er die Bronzeabgüsse von Schokoriegeln, Zwieback, Keksen, Kaffeefiltern und Schnapsfläschchen. Die Auswahl sei biographisch geprägt, bekennt der in Köln beheimatete Künstler. Er ist damit ebenso ein Kind unserer schönen, bunten Waren- und Markenwelt wie mutmaßlich wir alle. Doch Asmani bleibt nicht an diesem Punkt stehen, sondern wagt den Blick über den „Großen Teich“. In Amerika kann man sich inzwischen auch Pflanzen patentieren lassen – so sind schon über 2000 Chrysanthemen-Arten geschützt. Der an der Leipziger Akademie ausgebildete Künstler zeigt drei davon in einer Fotogravur auf Bütten. Einen kapitalismuskritischen Standpunkt formuliert also der junge Künstler mit der Schau unter dem plakativen Titel „Wem gehört die Farbe?“. Er hinterfragt subtil das Zusammenspiel von Farbe, Identität, Marktmacht und Prägung. Ein Besuch in der Pfalzgalerie „lohnt sich“ also, um abschließend einen Slogan des erwähnten Lebensmitteldiscounters zu zitieren. Denn sind wir nicht alle ein bisschen Kunst? Ausstellung Eröffnung heute, 19 Uhr, in der Pfalzgalerie Kaiserslautern; zu sehen bis 30. Dezember, dienstags 11 bis 20 Uhr, mittwochs 10 bis 17 Uhr; Künstlerbuch als Katalog, 70 Euro.

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