Kultur Musik im Park in Schwetzingen: Der Star ist die Umgebung

91-100196922.JPG
Auftakt: Anastacia

Schwetzinger Open-Air-Konzertreihe „Musik im Park“ mit 15 200 Zuschauern zu Ende gegangen – Erstmals auf fünf Abende ausgedehnt

Die Schwetzinger Open-Air-Konzertreihe „Musik im Park“ befindet sich auf Wachstumskurs. Zum ersten Mal standen in diesem Jahr fünf Sommerabende mit guter Musik in stimmungsvoller Umgebung unter freiem Himmel auf dem Programm – einer mehr als in den Vorjahren. Zur jüngsten Ausgabe, die am Sonntagabend mit einem Auftritt des Tübingers Philipp Poisel zu Ende ging, kamen insgesamt 15.200 Besucher. Die Bühne auf einer Wiese am Rand des Schlossparks, auf der das Publikum – je nach Konzert – auf Stühlen sitzt, steht oder es sich wie beim Picknick auf mitgebrachten Decken gemütlich macht: Diese Atmosphäre lässt seit dem ersten Festival vor zwölf Jahren immer im August auch viele pfälzische Gäste nach Schwetzingen kommen. Diesmal waren Anastacia, Sarah Connor, Philipp Poisel sowie die Bands Runrig, Status Quo und Uriah Heep zu erleben. Dabei war die Ausdehnung auf fünf Abende zumindest nach Angaben des Veranstalters, der Konzertagentur „Provinztour“ aus Neuenstadt im Landkreis Heilbronn, anfangs nicht vorgesehen. Doch die US-Amerikanerin Anastacia und deren Management seien von sich aus kurzfristig mit dem Wunsch auf die Festivalmacher zugekommen, in dem stimmungsvollen Ambiente zu spielen. Deshalb standen dafür fünf Monate weniger Vorverkaufszeit als für die übrigen Konzerte zur Verfügung. „Provinztour“-Pressesprecher Marcel Büttner führt es auf diesen Umstand zurück, dass beim Festivalauftakt mit der 48-Jährigen nur rund 1000 Zuschauer das bis zu gut 6000 Besucher fassende Areal bevölkerten. Ein weiterer Grund könnte allerdings auch Anastacias Konzert nur zwei Abende später beim Alzeyer Da-capo-Festival gewesen sein, für das sich 1500 Leute entschieden hatten. Oder es gilt einfach zu akzeptieren, dass die Musikerin nach schweren gesundheitlichen Problemen in der Vergangenheit zwar eine bewundernswerte Kämpfernatur ist, beim Publikum aber nun mal nicht mehr die Strahlkraft wie in ihrer besten Karrierephase vor gut 15 Jahren hat. In Schwetzingen zeigte sie sich gesanglich wie auch als Unterhalterin nach wie vor auf der Höhe. Allerdings zog sie sehr beharrlich ihr Programm aus alten Hits durch – obwohl das Konzert eine geradezu ideale Gelegenheit gewesen wäre, auf ihre neue Single „Caught In The Middle“ und das Mitte September erscheinende Album „Evolution“ hinzuweisen. Auf viele Radio- und Fernseheinsätze zu hoffen, dürfte eher eine Illusion bleiben. Ebenso illusorisch soll es sein, dass die schottische Folkrock-Gruppe Runrig nach ihrem im Vorjahr veröffentlichten Album „The Story“ noch weitere Platten aufnimmt. Die 1973 gegründete Band ist auf die Zielgerade ihrer Karriere eingebogen und versetzte am vergangenen Donnerstag mit ihrer Musik 4000 Schottland-Fans in die Highlands und an den Loch Lomond. Keine Anzeichen von Ruhestand zeigten am Abend darauf die Rockveteranen von Status Quo und Uriah Heep. Quo-Gründungsmitglied Francis Rossi und seine Begleiter probten dabei den Spagat zwischen 75.000 Metal-Fans 24 Stunden zuvor in Wacken und 3000 Zuschauern in der Schwetzinger Idylle. Auch die Engländer verließen sich auf ihr Hit-Repertoire aus fünf Jahrzehnten und erfüllten damit die Erwartungen ihres Publikums – wenn auch die Lücke nach dem Tod des Gitarristen Rick Parfitt im vergangenen Dezember bisher noch nicht gleichwertig geschlossen wurde. Vom Veranstalter vor Status Quo platziert, sorgten Uriah Heep für eine positive Überraschung: Die britischen Hardrocker um Gitarrist und Gründungsmitglied Mick Box bestachen vom ersten bis zum letzten Ton ihres einstündigen Auftritts durch Frische und Spielfreude. Ob aus Höflichkeit der klaren weiblichen Mehrheit unter den 4000 Zuschauern gegenüber – jedenfalls war Sarah Connors Konzert am Samstag das einzig bestuhlte. Die 37-Jährige bot dabei ein weitgehend identisches Programm wie im März vorigen Jahres in der Mannheimer SAP-Arena (wir berichteten). Im Mittelpunkt standen erneut die Lieder ihres deutschsprachigen Albums „Muttersprache“ sowie Connors Auftreten zwischen jungem Mädchen und Vierfachmama. Philipp Poisel dagegen legte es zum Abschluss am Sonntag deutlicher auf den Nachweis von Vielseitigkeit an: Vor 3200 Besuchern begann er mit Streicher- und Klavierbegleitung wie bei seinem „Projekt Seerosenteich“ vor fünf Jahren. Den Schwerpunkt bildeten Stücke des aktuellen Albums „Mein Amerika“, mit dem der 34-Jährige seinen zuvor nahezu rein akustischen Stil um elektrische Verstärker erweitert hat. Vollständig aus sich heraus ging Poisel schließlich im ausgedehnten Zugabenteil: Da bewies er – nicht zuletzt durch seinen Tanzstil und seine Sprechweise –, dass er beim Chef seiner Plattenfirma, Herbert Grönemeyer, genau zugeschaut hat.

91-100196923.JPG
Schlusspunkt: Philipp Poisel
x