Venedig Monument aus Kreide: Australien gewinnt den Goldenen Biennale-Löwen

Bester Pavillon: Der australische Beitrag, ein Denkmal für die indigene Bevölkerung mit Kreide an der Wand.
Bester Pavillon: Der australische Beitrag, ein Denkmal für die indigene Bevölkerung mit Kreide an der Wand.

Viel los am Wochenende bei der Kunst-Biennale in Venedig. Vor dem amerikanischen Pavillon bejubelte Tänze der Cherokee, denen auch der Künstler Jeffrey Gibson angehört. Er hat den US-Pavillon in ein farbsprühendes Ornamentgewitter verwandelt. Erst Sonne. Dann setzt Regen ein. Vorher werden noch die Goldenen Löwen verliehen. Die beiden Hauptpreise der Weltkunstschau gehen an indigene Künstlerinnen und Künstler.

Im Arsenale überspannt gleich am Anfang eine Überwältigungskonstruktion aus silberfarbenen Ladegurten die Besuchenden. „tapapau“ nennt das von vier Maori-Frauen gebildete neuseeländische Mataaho Collective das mit dem Goldenen Löwen für die beste künstlerische Arbeit ausgezeichnete Werk; eine auch technische Meisterleistung. Der Titel spielt auf rituelle Geburtsmatten an. Die Herkünfte der Eingeladenen nehmen eine zentrale Rolle bei der „Foreigners Everywhere“ (etwa: Fremde überall) betitelten 60. Ausgabe der Großveranstaltung ein, zu der es fast regelmäßig Hunderttausende Menschen in die übertoste Lagunenstadt zieht.

Der Goldene Löwe für den besten der 88. Länderbeiträge wird an Australien verliehen, dessen minimalistischer Pavillon in den Giardini in dunkles Licht getaucht ist. Die schwarzen Wände sind mit Kreide bemalt. Mit einem Stammbaum des Künstlers Archie Moore, der von den australischen First Nations abstammt, den Kamilaroi und Bigambul. 3500 Namen stehen fein säuberlich auf schwarzem Grund, dazwischen klaffen schreiende Lücken.

Beste Arbeit: „tapapau“ von Mataaho Collective.
Beste Arbeit: »tapapau« von Mataaho Collective.

„kith and kin“ ist das Werk betitelt, Kind und Kegel. Auf einem Bühnentisch in der Mitte des Riesenraums 500 Stapel Papier, Dokumente und Berichte, Schicksalsgeschichten indigener Australier, darunter die über ungeklärte Kindertode in staatlichen Heimen. „Wir sind alle eins und tragen die Verantwortung für alle Lebewesen, jetzt und in der Zukunft“, sagt Künstler Archie Moore bei seiner Auszeichnung. Seine Arbeit kann als zartfragiles Denkmal gelesen werden. Als Monument wie das sehr viel theatralischere, das Ersan Mondtag im deutschen Pavillon für seinen aus der Türkei nach Deutschland eingewanderten Großvater inszeniert hat. Der Beitrag, zu dem eine Arbeit der israelischen Künstlerin Yael Bartana und Klanginstallationen auf der vorgelagerten Insel Certosa gehören, geht leer aus.

Dafür bekommt Karima Ashandu den Silbernen Löwen als beste Nachwuchskünstlerin für ihr Video „Machine Boys“ (2024) über eine Motorradtaxifahrer-Gang in Lagos, die ihr hartes Leben als heroisches Männerding vorführt. Die 1985 in London geborene Ashandu, die in international renommierten Häusern ausstellt, hat nigerianische Wurzeln, lebt in Lagos. Hauptsächlich aber ist Hamburg-Eimsbüttel ihr Zuhause.

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