Kultur Glossiert: Gerhard Richters Müll, die Kunst, das Gericht

Kunst und Müll stehen – ohne Zweifel – seit Langem schon in einem Produktivverhältnis. Also über die anlässlich schnöde entfernter Fettecken hinaus erörterungswürdige Frage: „Ist das Kunst, oder kann das weg?“ hinaus. Legion die Künstler, die wie Pop-Artist Edward Kienholz Abfall – Bierflaschen, Einkaufswagen, ausgestopfte Tiere - per Rekombination oder wie Marcel Duchamp Deklaration zum Werk erhoben haben. HA Schults Schaffen zum Beispiel gründet geradezu im Weggeworfenen. So stellte er in den Siebzigerjahren den Hausmüll von Franz Beckenbauer aus. Und noch Jahrzehnte später schaffte es einer seiner Epigonen mit den Hinterlassenschaften von Pop-Ikone Madonna hinter Glas in die Schau „Vom Wert des Wertlosen in der Kunst“, in der Kunsthalle Kiel. Hymnen wurden darüber geschrieben, Credo: der Satz des Philosophen Jacques Lacan, am Umgang mit dem Abfall lasse sich der Stand einer Zivilisation ablesen. Demnach sind manche gleicher als die anderen. Hinz und Kunz nämlich kommt man mit Paragrafen. So stand gestern in Köln ein 49-Jähriger wegen Diebstahls vorm Amtsgericht, der unsignierte Skizzen aus dem Müll von Maler-Weltstar Gerhard Richter doch noch zum Werk nobilitieren, das heißt: verticken, wollte. Schätzwert des Verworfenen: 60.000 Euro. Der Mann machte von seinem Schweigerecht Gebrauch. Der Künstler erschien krankheitshalber nicht. Ein Polizist sagte aus, der Delinquent habe in einer ersten Vernehmung angegeben, der Wind habe Richters Altpapiertonne im feinen Stadtteil Köln-Hahnwald umgeworfen, worauf das aussortierte Bildwerk auf die Straße gefallen sei. Er habe es nur aufgehoben, man hätte auch sagen können: eine Nachhaltigkeits-Performance mit Ready-mades aufgeführt. Egal: Das Gericht jedenfalls brummte ihm als Diebe profane 3150 Euro Strafe auf. Womit auch Joseph Beuys widerlegt wäre. Jeder ist ein Künstler? Von wegen. Nicht vor Gericht.

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