Kultur ESC: Mama allein zu Haus

Mama ist dieses Jahr allein zu Haus. Auch wir zelebrieren immer im Mai den Eurovision Song Contest (ESC) bei einem familiären Abend vor der Glotze. Seit 15 Jahren ist das nun schon so, seit den Olsen Brothers. Da hieß das Ganze noch so richtig schön altbacken Grand Prix Eurovision de la Chanson. Da wird gelästert über den tiefsten Ausschnitt, den fiesesten Scheitel, das dünnste Stimmchen, über Songs, deren Texte oft wie aus dem Kaugummiautomaten gedreht wirken – wie in vielen Millionen anderer Wohnzimmer zwischen Portugal und Aserbaidschan auch. Bis zur Punktevergabe. Bei „And finally twelve points go to …“ herrscht dann immer Friedhofsstille. Beim Finale am Samstag sitzt Mutti nun mutterseelenallein daheim, nur mit Chips und Käseigel. Denn ich fahre nach Wien. Dort steigt der ESC, weil zuletzt Conchita Wurst für Österreich mit der James-Bond-Ballade „Rise Like a Phoenix“ gewonnen hat. Wir erinnern uns: der/die/das mit dem Bart, der Kim-Kardashian-Mähne und dem Glitzerfummel. Geprobt wird dort schon seit einer Woche bis zum Umfallen: Jeder, der beim weltweit größten Musikevent mitmacht, muss in der Wiener Stadthalle mehrmals an allem feilen, schließlich soll von der Einlegesohle über den Konfettiregen bis hin zur Blusenknöpfung alles stimmen. Auch bei der deutschen Teilnehmerin Ann Sophie, die für uns „Black Smoke“ singt. Wien ist perfekt für alle ESC-Fans aus Deutschland. Da muss man nicht so weit fahren. Da braucht man kein Wörterbuch. Einfach nur Deutschland-Fähnchen einpacken, vorsichtshalber noch eine Packung Ohrstöpsel dazu – und ab geht’s in Europas Mitte. Und wer noch kein Ticket hat: Karten für das ESC-Finale gibt es im Internet. Für schlappe 299 Euro. Ein Klacks für ESC-Fans. Info: RHEINPFALZ-Redakteur Jan Peter Kern berichtet diese Woche aus Wien über den Eurovision Song Contest (ESC). Seine Erlebnisse am Rande des Ereignisses schildert er in einem Tagebuch.

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