Kultur Die Fee kann auch rocken

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Hintergrund: Wenn experimentierfreudige Musiker intelligente und lustige Lieder für Kinder schreiben, haben auch Eltern Spaß – Drei Empfehlungen

Musik und Kinder – das ist so eine Sache. Zuerst ist es ja noch goldig, wenn die Fünfjährige „Schnappi, das kleine Krokodil“ schmettert. Wer aber schon mit „Bibi und Tina“ auf Lautstärke 20 und den „krötichsten“ Olchi-Liedern in Richtung Atlantik gefahren ist, der weiß um die Bedeutung von Kindermusik, die mindestens erträglich ist. Viele Labels haben Angebote, die nicht nur dem Nachwuchs Spaß machen, sondern auch den Großen. Eine subjektive Auswahl.

Dauerbrenner "Unter meinem Bett"

Zu einem echten Dauerbrenner entwickelt sich die Reihe „Unter meinem Bett“, die bei Oetinger Audio erscheint. Im Herbst kommt der mittlerweile dritte Sampler auf den Markt. Initiator war vor zwei Jahren Verleger Markus Langer, der mit dem Hamburger Liedermacher Wolfgang Müller einige der bekanntesten deutschen Singer-Songwriter zusammengetrommelt hat, um eine Kinder-Platte zu machen. Mit dabei waren unter anderem Olli Schulz, Käptn Peng oder Gisbert zu Knyphausen.

Nahtlos in Erwachsenenwelt übertragbar

Ohne die Ansätze der anderen Musiker zu kennen, haben die Künstler ihre Lieder geschrieben – und es ist von selbst eine stimmige Mischung entstanden. Mal rockig, mal balladesk – mal lustig, mal nachdenklich. Das passt: An manchen Tagen läuft das melancholische „Lied von den Wölfen“ rauf und runter, in dem Wolfgang Müller von Freundschaft singt. Dann ist „Der Tee von Eugenia“ der Favorit. Hier besingt Francesco Wilking (Tele, Die Höchste Eisenbahn), selbst auch Vater, eine kleine Hexe, die leider nicht fliegen, aber super Gitarre spielen kann. Die genähte Illustration, die hier zu sehen ist, stammt von der Hamburger Tattoo-Künstlerin Jules Wenzel. Gute Songs mit intelligenten Texten und handgemachter Musik: Die Themen stammen aus der Lebenswelt der Kinder, viele sind aber auch nahtlos ins Erwachsenendasein übertragbar. Betroffenheit schafft Ansprache.

"Sportart, von der sie bisher nichts wussten"

Die gute Resonanz ermutigte Oetinger Media-Chef Markus Langer und Francesco Wilking, ein Nachfolgealbum zu konzipieren, mit dem Ziel, das musikalische Spektrum zu erweitern und eine Riege neuer, höchst unterschiedlicher Künstler auf „Unter meinem Bett 2“ zu versammeln. „Es war cool, sich mit Musikern über das Thema Kinderlieder auszutauschen. Manche reagierten erstaunt, als wir sie anregten, eins zu schreiben. Als hätte ich eine Sportart erwähnt, von deren Existenz sie bis dato nichts gewusst hatten“, erinnert sich Wilking, in dessen Studio die Songs von Cäthe, Laing, Dota und Die Höchste Eisenbahn aufgenommen wurden. „Manche brauchten – wie ich selbst auch – ein bisschen, ein paar Anläufe, ein paar Gigabyte, Kaffee und gerissene Saiten, bis sie sagen konnten: Das ist ein Kinderlied.“

Bela B., der Wolf und die kleinen Schweinchen

Auch der zweite Teil besticht durch Abwechslungsreichtum: Da erzählt Bela B. (Die Ärzte) die Geschichte vom Wolf und den drei Schweinchen auf eine neue, rockige Art. Enno Bunger besingt die Einsamkeit eines Stachelschweins, das am Ende doch noch Freunde findet. Eine gehörige Portion Selbstreflexion bietet auch Herrenmagazin-Sänger Deniz Jaspersen mit „Was der Papa sagt, ist nicht immer richtig“. Besonders schön: Wenn Moritz Krämer (Die Höchste Eisenbahn) mit Ukulele und Klezmer-Sound immer mehr tolle Dinge zusammenfabuliert, worauf der Chor „Gib nicht so an“ entgegen schmettert. Und Cäthe besingt die einzig wahre Beschäftigung, das Fahrradfahren, bei „Ich sage nö“.

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Die Sampler sind gut durchzuhören, langsame Stücke und flott-rockige wechseln sich ab. „Unter meinem Bett 2“ steht auch in der Kategorie „Bestes Experiment“ auf der Longlist für den VIA-Award, einen Preis des Verbands Unabhängiger Musikunternehmen, der im September beim Reeperbahn Festival in Hamburg vergeben wird. Man darf gespannt sein auf Teil 3, der am 23. Oktober erscheint – mit dabei sind unter anderem Maxim, Spaceman Spiff, Mine, Tele und Ove.

Freunde auf der Bühne

Ebenfalls hörenswert: das Trio Deine Freunde, das sich auch als „Die beste Kinderband der Welt“ betitelt, nicht ganz zu unrecht. Das Trio aus Hamburg steht auf dem Standpunkt: „Musik soll Spaß machen – den Kindern, aber auch uns“. Spaß haben sie, das merkt man. Sie rappen von nervigen Hausaufgaben und von der Oma mit der Schokolade. Sie schlagen ernsthaft-kritische Töne an, wenn es bei „Einfach klein sein“ um den Leistungsdruck in der Freizeit geht. Und wer hat sie nicht, „Die besten gemeinsten Eltern der Welt“, die einem das tollste Fahrrad schenken, dann aber verlangen, dass man den hässlichsten Helm der Welt trägt.

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Florian Sump, der früher bei der Popgruppe Echt am Schlagzeug saß, arbeitet heute als Erzieher. In diesem Kontext entstanden auch die ersten Lieder des Trios: Sump wollte für seine Kita-Kinder einen Song produzieren und nahm deshalb Kontakt zu Markus Pauli auf. Er ist Produzent und Live-DJ der Hip-Hop-Band Fettes Brot. Der ehemalige Tigerenten-Club-Moderator, Autor und Theaterproduktionsmanager Lukas Nimschek macht das Trio komplett. So vielfältig wie ihre Themenauswahl ist auch die Musik. Egal, ob Rap („Unschuldslamm“), Pop („Erwachsene wissen auch nicht alles“) oder Funk („Schatz“): Deine Freunde legen sich auf kein Genre fest. Das müssen sie auch nicht, denn sie sind für die Kinder glaubwürdig und authentisch.

"Einfach nur mal wieder zerrocken lassen"

Musik für Kinder muss nicht zwangsweise erziehen oder immer einen pädagogischen Ansatz verfolgen, so das Credo der Band. „Wenn wir auf ein Konzert gehen, wollen wir ja auch nicht unbedingt etwas lernen, sondern uns vielleicht einfach nur mal wieder zerrocken lassen.“ Dieses Recht sollten Kinder genauso haben wie Erwachsene.

Die Eltern hören mit

„Oft wurde uns erzählt, dass die Kinder nicht nur alleine im Zimmer unsere Musik hören, sondern gemeinsam mit ihren Eltern“, berichten die drei Musiker. „Genau dieses Bild hatten wir bei der kompletten Produktion immer im Kopf“, beschreibt das Trio die Arbeit am noch aktuellen Album „Kindsköpfe“, das 2015 auf den Markt kam. Die Produktion eines neuen Studioalbums ist zurzeit in der heißen Endphase. Die Veröffentlichung ist für „in wenigen Monaten“ angekündigt.

Blockflötenfreie Rockmusik

„Garantiert blockflötenfrei“ – diesen Stempel hat sich wiederum das Projekt Radau! verpasst. Arne Gedigk, Christian Herzog, Oliver Bergmann und Achim Erz sind vier Papas aus Hamburg, die seit mindestens zehn Jahren zusammen Kindermusik machen. Live ist definitiv ihre Stärke, aber auch auf CD kommen die Lieder mit ihrem klaren aber rockigen Gitarrensound gut rüber und taugen zur Dauerschleife. Thematisch geht es um Fantasiewelten und um das wahre Leben. Die Songs handeln von Piraten, von Dieben und Detektiven, aber auch von Zahnspangen, Lügen und Langeweile. Und das Vater-Quartett hat immer Lust auf das Genre Kindermusik: „Ein besseres und lebendigeres Publikum kann man sich nicht wünschen“, findet Gedigk. „Kinder – und ihre Eltern – sind zwar kritisch, aber dafür umso ehrlicher“, ist seine Erfahrung. „Wir haben zwar schon 1997 angefangen, Musik für Kinder zu machen, aber das jüngste eigene Radau-Kind ist jetzt auch erst elf Jahre alt.“

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Zuletzt gab es ein Weihnachts-Album der Musiker, teils mit gecoverten Songs, teils mit eigenen Stücken. Ab Herbst kommt dann mit „Streng Geheim“ das neueste Werk auf den Markt, das von seinem Ton her nahtlos an die älteren Veröffentlichungen anknüpft und auf Konzerten von Radau! bereits jetzt erhältlich ist.

Hörtipps

„Unter meinem Bett“/„Unter meinem Bett 2“

; Oettinger audio, je 13 beziehungsweise 14 Lieder, Laufzeit um die 45 Minuten, ab 4 Jahre, CD rund 15 Euro. „Unter meinem Bett 3“ erscheint am 23. Oktober Deine Freunde: „Kindsköpfe“, Universal, 17 Lieder, Laufzeit knapp 60 Minuten, ab 5 Jahre, CD rund 15 Euro, eine neue CD ist für „in ein paar Monaten“ angekündigt Anspieltipp von Radau!: „Am liebsten Laut“, Oettinger audio, ab 5 Jahre, CD ab 10 Euro, die neue CD „Streng Geheim“ ist für Herbst angekündigt

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