Kultur Das Depperte im Denken

Wahre Kosmopoliten? Monsieur Claude (Christian Clavier) und seine Frau Marie (Chantal Lauby) bereisen die Heimatländer ihrer mit
Wahre Kosmopoliten? Monsieur Claude (Christian Clavier) und seine Frau Marie (Chantal Lauby) bereisen die Heimatländer ihrer mittlerweile schwer ins Herz geschlossenen Schwiegersöhne.

Monsieur Claude aus dem Millionen-Erfolg „Monsieur Claude und seine Töchter“ ist wieder da. Und er grantelt und greint wie eh und je. Reichlich Anlass dazu bieten erneut seine Schwiegersöhne. Nur dass der alte Herr sie dieses Mal nicht loswerden möchte. Im Gegenteil: Er kämpft verzweifelt darum, die aus fernen Kulturen und Religionen stammenden Herren in seinem geliebten Frankreich festzuhalten. Die vier denken nämlich ans Auswandern.

Mehr als zwölf Millionen Kinobesucher haben seit 2014 allein in Frankreich über „Monsieur Claude und seine Töchter“ gelacht. Auch im Ausland war die aberwitzige Farce um Vorurteile, Fremdenfeindlichkeit und Spießertum ein Riesenerfolg. In Deutschland strömten rund vier Millionen zahlende Zuschauer in die Kinos. Weltweit hat der Film mehr als 150 Millionen Euro Gewinn erzielt. Da ist es keine Überraschung, dass Regisseur Philippe de Chauveron und sein Drehbuchmitautor Guy Laurent den Nörgler Claude (Christian Clavier) und die Seinen noch einmal ins Rennen um die Gunst des Publikums schicken. Fans von „Monsieur Claude und seine Töchter“ werden zu Beginn der Fortsetzung sicher erst einmal verdutzt sein. Denn am Ende des vor fünf Jahren herausgekommenen Mega-Hits hatte es doch den Anschein gehabt, der biedere Bürger habe sich vom bornierten Rassisten zum verständnisvollen Demokraten gewandelt. Doch: Pustekuchen! Er ist ganz der Alte. Daraus erwächst auch dieses Mal eine kräftige Portion gepfefferten Witzes. Gesteigert wird der dadurch, dass David, Rachid, Chao und Charles, die Schwiegersöhne mit Herkunft aus Israel, Algerien, China und der Elfenbeinküste, sich in Frankreich nicht mehr wohl fühlen und ans Auswandern denken. Die Gründe dafür sind vielfältig: Schauspieler Charles hat keine Lust mehr auf Rollen als schwarzer Dealer, Anwalt Rachid fühlt sich von Burka tragenden Klientinnen genervt und Bankier Chao hat Angst vor Überfällen auf Asiaten in Paris. So überspitzt, wie das inszeniert ist, so brüllend komisch ist es. Oft kommt man aus dem Lachen kaum heraus. Doch da ist noch Schwiegersohn Nummer vier, David, der ans Auswandern nach Israel denkt. Hier drücken sich Philippe de Chauveron und Guy Laurent leider um die Chance, satirisch scharf zu werden. Als Anlass für Davids Pläne wird vor allem eine allgemeine Unternehmerfeindlichkeit in Frankreich humoristisch aufs Korn genommen. Angesichts der Tatsache, dass Jahr für Jahr tatsächlich tausende Juden unser Nachbarland aus Angst vor kontinuierlich steigendem und oft auch gewalttätigem Antisemitismus verlassen, ist das nicht komisch, sondern peinlich. Das fällt ins Gewicht, weil der Film an anderer Stelle mit trefflichem Klamauk durchaus gesellschaftskritische Töne anschlägt, etwa wenn er sich in einer Nebenhandlung für die gleichgeschlechtliche Ehe einsetzt und die Schrecken der Kriegsmigration geißelt, schon allein dann, wenn er generell gegen die Etikettierung von Einwanderern nach ethnischen Klischees angeht. Wie schon im ersten Kino-Abenteuer von Claude & Co werden die Zuschauer auch dieses Mal mit einer Flut von Klischees konfrontiert. Daraus erwächst viel Spaß. Und gelegentlich gibt es auch Anstöße zum Nachdenken. Vermutlich wird es auch wie bei Claudes erstem Leinwandauftritt Leute geben, die dem Film politische Unkorrektheit vorwerfen. Ja, die hat er. Aber er hat sie, weil sie in den Staaten der so genannten westlichen Welt an der Tagesordnung ist. Die Charaktere des Films sagen, was Millionen an Kneipentischen, in Vereinszimmern, auf Partys sagen. Ganz zu schweigen von dem, was anonyme Schmierfinken im Internet veröffentlichen. Aber der Film selbst ist keineswegs politisch unkorrekt. Was daran liegt, wie die Charaktere in Szene gesetzt werden: Sie werden nicht als Helden präsentiert, sondern als lächerliche Kleingeister dem Lachen preisgegeben. Die Rollen konnten durchweg mit den gleichen Schauspielerinnen und Schauspielern besetzt werden. Ihnen allen merkt man an, dass sie Vergnügen daran hatten, die Erfolgsgeschichte fortzusetzen. Natürlich: Den besten Part hat wieder Christian Clavier als Claude. Auf ihm lastet allerdings auch die größte Bürde. Denn zum einen muss er das Depperte im Denken des pensionierten Notars aufblitzen lassen, zum anderen muss er ihn so sympathisch zeichnen, dass man sich ihm vom Kinosessel aus gern anschließt. Christian Clavier gelingt diese Balance geradezu brillant. So lacht man denn, wenn man sich über Monsieur Claude amüsiert, meist über sich selbst.

x