Kultur Blühende Landschaften?

Das Berliner Schloss ist noch eine Baustelle. Ende 2019 soll das Humboldt Forum darin eröffnet werden.
Das Berliner Schloss ist noch eine Baustelle. Ende 2019 soll das Humboldt Forum darin eröffnet werden.

Gerade hat der Freundeskreis Düsseldorf im Förderverein Berliner Schloss eine Spende in Höhe von 505.000 Euro für die Rekonstruktion einer Fensterachse der historischen Barockfassade im Schlüterhof übergeben. Mit bürgerschaftlichem Engagement wie diesem sind bislang 83 Millionen Euro an Barspenden für die Stuckelemente des Stadtschlosses zusammengekommen. Rund 500 Millionen Euro steuert der Bund bei. Damit sei man „in der Zielgeraden angelangt“, sagt Johannes Wien, Vorstand der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss. Ende dieses Jahres soll der Neubau eröffnen, zumindest in Teilen. Die ethnologischen Sammlungen unter Leitung des Musikethnologen Lars-Christian Koch sind wohl erst nach und nach in Gänze zu besichtigen. Laut Homepage entsteht „ein neues kulturelles Stadtquartier in der Mitte Berlins“, das „unterschiedliche Kulturen und Perspektiven zusammenführt. Im internationalen Ideenaustausch sucht das Humboldt Forum nach neuen Erkenntnissen zu aktuellen Themen wie Migration, Religion und Globalisierung.“ Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hauptnutzer im Schloss, vermeldet ebenfalls Neuigkeiten von ihren Baustellen. „Am 3. Mai ist Richtfest beim Bauteil A des Pergamonmuseums. Mitte des Jahres wird dann direkt daneben die James-Simon-Galerie eröffnen.“ Das neue Eingangsgebäude von David Chipperfield für die Besichtigung von Nofretete und Co. auf der Museumsinsel beinhaltet Garderoben, Café und unterirdischen Vortragssaal. Es leitet die Besucher über die Archäologische Promenade in die verschiedenen Museen. Ende August wird vis-à-vis dieser für 134 Millionen Euro erbauten, „teuersten Garderobe der Welt“ (so die Zeitung „Berliner Morgenpost“) das „Haus Bastian“ als „neues Zentrum für kulturelle Bildung der Staatlichen Museen zu Berlin“ am Kupfergraben eingeweiht. Auch dieses Gebäude schuf David Chipperfield, dessen Büro derzeit noch mit der Sanierung der Neuen Nationalgalerie betraut ist. Ohne den Briten geht’s offenbar nimmer im Architektur-Betrieb der Hauptstadt. Und auch nicht ohne die Schweizer Jacques Herzog und Pierre de Meuron. Im Westteil Berlins etwa. Hier verfolgt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der bereits die 19 Staatlichen Museen mit ihren Sammlungen und diverse Institute wie die Gipsformerei und das Rathgen-Forschungslabor zur Altersbestimmung von Kunstwerken zählen, ehrgeizige Pläne. Am Kulturforum, wo ab März die Altmeisterschau „Mantegna und Bellini“ in die Gemäldegalerie lockt, wird im Herbst der erste Spatenstich für das Museum des 20. Jahrhunderts der Nationalgalerie getan: Eine Scheunenarchitektur des Duos Herzog & de Meuron konnte die Jury überzeugen. Sie ließ sich offensichtlich nicht von den astronomischen Kosten für den Bau der Hamburger Elbphilharmonie durch die gleichen Architekten abschrecken. Für den Berliner Neubau – zwischen Philharmonie und Neuer Nationalgalerie – hat der Bund bisher 200 Millionen Euro bewilligt. Bei aller Großzügigkeit im Umgang mit Steuergeldern kann man sich nur wundern, wozu dieses Prestigeprojekt überhaupt benötigt wird? Im Museum der Moderne sollen die Sammlung Marx mit Beuys-Werken und Warhol-Bildern, die bisher im Hamburger Bahnhof gut untergebracht war, und die Sammlung von Ulla und Heiner Pietzsch, Surrealisten zumeist, sowie einiges aus dem Fundus der Neuen Nationalgalerie gezeigt werden. Deren Domizil, das Gebäude von Mies van der Rohe am Kulturforum, wird seit einigen Jahren kernsaniert. Mit der Wiedereröffnung dieses Moderne-Tempels ist 2020 zu rechnen. Blühende Landschaften? Die hat man in Berlin lange nicht gesehen. So endete das vergangene Jahr mit einer Medienschelte. „Zu wenig Besucher, zu wenig interessante Ausstellungen, zu viele Baustellen“, schrieb der „Tagesspiegel.“ 3,5 Millionen Menschen beehrten die Einrichtungen der Staatlichen Museen zu Berlin. Im internationalen Vergleich ist das bescheiden. Steht erst die Kunstscheune, nach Jahre langem Gebagger, dann verschwinden zudem die bislang gut zugänglichen Museen dahinter in deren Schatten. Eher trübe Aussichten.

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