Literatur Am 27. Dezember vor 125 Jahren geboren: Carl Zuckmayer

Zuckmayer-Büste am Rathaus von Nackenheim.
Zuckmayer-Büste am Rathaus von Nackenheim.

Mit Werken wie „Der Hauptmann von Köpenick“ und „Des Teufels General“ ist Carl Zuckmayer (1897-1977) bis heute unvergessen. Doch den Durchbruch brachte ihm ausgerechnet ein „schweinisches Stück“ über seine geliebte Heimat.

„Carlche, komm nach Nackenheim, Du sollst uns hoch willkommen sein! Wir schlagen krumm und lahm dich all und sperrn Dich in de Schweinestall, denn da gehörste hi'!“ Mit rüden Parolen wurde Carl Zuckmayer am 10. März 1926 bei der Mainzer Aufführung seiner Komödie „Der fröhliche Weinberg“ empfangen. Das derbe Lustspiel schmeckte den Rheinhessen gar nicht, sie sahen es als gezielte Schmähung. Dabei war doch der Autor einer von ihnen: Carl Zuckmayer wurde am 27. Dezember 1896 im rheinhessischen Weinort Nackenheim geboren.

Zuckmayer liebte seine Heimat. „An einem Strom geboren zu werden, im Bannkreis eines großen Flusses aufzuwachsen, ist ein besonderes Geschenk“, schrieb er 1966 in seiner Autobiografie „Als wär's ein Stück von mir“. Dennoch musste er in seinen 80 Lebensjahren auch in Österreich, den USA und der Schweiz heimisch werden.

Im Visier der Nazis

Die Nackenheimer Flaschenkapsel-Fabrik des Vaters wollte er nicht übernehmen, genau so wenig wie sein Bruder Eduard (1890-1972), Pianist und Dirigent. Zu Kriegsbeginn 1914 meldete sich Carl freiwillig – und war rasch vom Soldatensein ernüchtert. Nach dem Krieg verlegte er sich nach kurzem Studium ganz aufs Schreiben. Mehrere Bühnenwerke fielen durch, doch für den „Fröhlichen Weinberg“ erhielt er noch vor der Berliner Uraufführung am 22. Dezember 1925 den Kleist-Preis. Es wurde das meistgespielte Stück der Weimarer Republik – und verzeichnete zugleich über 60 Theaterskandale. Nicht nur Korpsstudenten fühlten sich durch das teils skurrile Bühnenpersonal in ihrer Ehre gekränkt: Dass Zuckmayer einer höchst sittenlosen Figur ausgerechnet den Namen eines Nackenheimer Weingutsbesitzers gab, ließ die Region schäumen.

Hinzu kam rassistische NS-Propaganda: Zuckmayers Großvater Eduard Goldschmidt war ein vom Judentum konvertierter Protestant. Doch schrieb etwa der Völkische Beobachter, als „Halbjude“ habe Zuckmayer einen „Hang zum Schweinigeln“. Mit dem deutlich politischeren und antimilitaristischen „Hauptmann von Köpenick“ (1931) verdarb er es sich endgültig mit den Nazis: Sie belegten sein Werk nach Hitlers Machtübernahme mit Aufführungsverbot.

Farmer in Vermont, USA

Bereits 1926 hatten Zuckmayer und seine Frau Alice von den „Weinberg“-Tantiemen ein Haus in Österreich gekauft, wohin sie 1933 mit Alices Tochter aus erster Ehe und der gemeinsamen Tochter übersiedelten. Als auch Österreich braun und Zuckmayers Werk verboten wurde, floh die Familie 1938 zunächst in die Schweiz, 1939 in die USA. Die Arbeit als Drehbuchautor in Hollywood und als Dozent in New York brachte weder verlässliche Einkünfte noch Zufriedenheit. Daher verdingten sich die Zuckmayers ab 1941 auf einer Farm in Vermont als Bauern.

1942 inspirierte den Autor die Nachricht vom Tod des befreundeten Jagdfliegers Ernst Udet zu „Des Teufels General“. Das 1946 uraufgeführte Stück um Schuld und Verantwortung sollte sein größter Nachkriegserfolg und laut der Kritik sein bestes Werk werden. Europäischen Boden betrat Zuckmayer erst wieder 1946 als „Kulturbeauftragter“ der USA. 1958 zog die Familie ins schweizerische Saas-Fee.

Filmruhm für den Hauptmann von Köpenick

Zuckmayer setzte sich lebenslang mit seinem katholischen Glauben auseinander. Über die sonntägliche Messe schrieb er, sie diene „nicht irgendeinem Vergnügen, sondern dem leibhaftig spürbaren Walten einer schöpferischen Macht“. Er schrieb auch Gedichte, Prosa und Drehbücher, darunter „Der blaue Engel“ (1929) nach dem Roman „Professor Unrat“ von Heinrich Mann. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet und häufig verfilmt, allein fünfmal „Der Hauptmann von Köpenick“.

Die Nackenheimer haben ihrem größten Sohn längst verziehen. 1952 wurde er Ehrenbürger des Ortes. Das Rathaus ziert eine Büste des Autors. Auf seinem Grab in der Schweiz, wo Zuckmayer am 18. Januar 1977 starb, liegt ein Stein vom Nackenheimer Rothenberg, bekannt für seinen guten Riesling.

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