Sport Super-Talent lebt nicht nur im Hier und Jetzt

Comeback heute im Viertelfinale gegen Tschechien: Jungstar Moritz Seider.
Comeback heute im Viertelfinale gegen Tschechien: Jungstar Moritz Seider.

«Bratislava.» Im WM-Viertelfinale heute Abend (20.15 Uhr) gegen Tschechien setzt Eishockey-Bundestrainer Toni Söderholm wohl wieder auf sein größtes Talent. Bislang hat der Mannheimer Moritz Seider ja auch alle Bewährungsproben mit Bravour bestanden.

Brutaler hätte der Willkommensgruß im internationalen Männer-Eishockey nicht sein können. Vor einer Woche wurde der erst 18 Jahre alte Seider von Ladislav Nagy vorerst aus dem WM-Turnier genommen. Nach dem üblen Check des 21 Jahre älteren Slowaken von hinten gegen die Bande beim deutschen 3:2-Sieg lag das deutsche Abwehrtalent benommen auf dem Eis und musste in die Kabine gefahren werden. Dennoch hätte Seider am liebsten in der nächsten Partie direkt wieder gespielt – Ärzte und Trainer bremsten den Meisterspieler der Adler aber aus. Erst heute gibt Seider in Bratislava wohl sein Comeback – im Viertelfinale gegen Tschechien. Es wird die nächste Bewährungsprobe für den Jungspund, der mit seinen weichen Gesichtszügen aussieht wie ein typischer Teenager und doch keiner mehr ist. Seider spricht höchst erwachsene Sätze und spielt auch so. Im Kreis der Nationalmannschaft hatte er seit dem ersten Länderspiel am 7. Mai bei der WM-Generalprobe gegen die USA keine Probleme. „Jeder wollte etwas über mich erfahren: Das hat mir gezeigt: Moritz, du wirst akzeptiert. Du kannst ganz entspannt aufspielen“, sagte Seider. Und das tat er. In den ersten vier Spielen bei der WM in der Slowakei war der Jüngste im Team auf Anhieb bester deutscher Verteidiger. „Wir sollten sein Spiel genießen. Er spielt momentan sehr stark“, findet Bundestrainer Toni Söderholm. Neben den ebenfalls 18-jährigen Jack Hughes (USA) und Kaapo Kakko (Finnland) ist Seider bei der WM das gefragteste Talent. Es gilt als sicher, dass er Ende Juni beim NHL-Draft, bei der sich die Teams der nordamerikanischen Profiliga die Rechte an den weltweit größten Talenten sichern, schon früh ausgewählt wird. „Das wird ein tolles Event für mich und meine Familie. Das wird ein unheimlich schönes Erlebnis“, ahnt Seider. Im Gegensatz zu den meisten seiner Altersgenossen weiß Seider ganz genau, was er will und wie er es bekommt: „Man muss auch wissen, was man kann. Man darf sich nicht unter Wert verkaufen.“ Um in der NHL direkt durchstarten zu können, würde er am liebsten „noch ein, wenn nicht sogar zwei Jahre in Deutschland oder Europa“ bleiben. Ob das NHL-Team, das ihn am Ende auswählt, das auch so sieht? Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gerade gering, dass Seider bereits im Sommer nach Nordamerika zieht. Die Schule besucht er wohl nicht mehr, obwohl noch ein Jahr auf dem Weg zum Fachabitur ansteht. Um seine sportlichen Ambitionen mit den schulischen Pflichten verbinden zu können, sprach Seider extra beim Kultusministerium Baden-Württemberg vor. Mit Erfolg. Das zwölfte Schuljahr wurde in seinem Fall auf zwei Jahre ausgedehnt. Den zweiten Teil könnte er nach dem Sommer sogar aus Nordamerika absolvieren. „Das kann alles online gemacht werden. Da bin ich ortsmäßig nicht an Mannheim gebunden“, erklärt Seider: „Die Schule ist auch super-kooperativ.“ Dass er seinen Schulabschluss aber machen will, steht fest. „Man will ja noch einen ordentlichen Beruf lernen können. Man ist ja nicht ein Leben lang Sportler. Es muss nur irgendwann mal eine blöde Verletzung kommen“, sagte er – schon vor der Attacke Nagys. Kommentar

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