Sport Meinungsbeitrag: Erstklassiger Kraftwürfel
Richtig gute Außenverteidiger sind Mangelware im deutschen Fußball, seit Philipp Lahm meist auf anderen Positionen seine Extraklasse zelebriert. Wie Lahm kann auch Jean Zimmer, der beim 2:2 (2:0) des Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern gegen Union Berlin eine erstklassige Leistung bot, rechts wie links verteidigen. Für den 22-Jährigen, in dieser Form ein Kandidat für die Olympischen Spiele 2016, gibt es trotz laufenden Vertrages in der Bundesliga einen Markt. Zimmer bereitete mit zwei fantastischen Sprints und exakten Zuspielen auf Ruben Jenssen und den gleichfalls pfeilschnellen Marcel Gaus beide Lauterer Tore vor. Am Ende aber war Zimmer bitter enttäuscht. Er empfand das Remis als Niederlage und stapfte stocksauer in die Kabine. „Wir haben in der zweiten Halbzeit aufgehört, Fußball zu spielen“, schimpfte der Offensivverteidiger, der mit seinem Vordermann Daniel Halfar auf der rechten Seite gut harmonierte. Jean Zimmer – das ist gelebte Leidenschaft. Er passt mit seinem Spielstil, seinem Biss, ins Anforderungsprofil des Trainers. Konrad Fünfstück will seine Elf mit ehrlicher Arbeit wieder hin zum Erlebnisfußball führen, setzt auf schnelles Umschaltspiel, das beim FCK keiner besser beherrscht als Kraftwürfel Zimmer, dessen Schnelligkeit Marcel Gaus am nächsten kommt. Mit einem grandiosen Tempolauf war der linke Verteidiger zur Stelle, nutzte Zimmers Eingabe zum 2:0 (41.). Klasse auch Gaus’ Sprint und Halfars Musterpass. Pech, dass dieser famose Angriffszug nicht mit dem 3:0 belohnt wurde – Gaus scheiterte mit einem tollen Hammer an der Unterkante der Latte (48.). „Fakt ist, dass wir die Bälle in der Schlussphase nicht mehr festgemacht haben“, sagte Gaus beim Blick zurück auf den verschenkten Heimsieg. Die Rolle des erkrankten Linksverteidigers Chris Löwe hatte Gaus, von einem Querschläger abgesehen, sehr gut ausgefüllt. Es war eine gelungene Bewerbung Gaus’ für eine neue Position, sollte Löwe den FCK im Sommer verlassen. Auffällig: Als das Spiel kippte, waren die Berliner Fans lauter als der Lauterer Anhang. Die FCK-Elf, die es nach fahrigem Beginn so gut gemacht hatte, hätte mehr Rückendeckung gebrauchen können. So feierten die Eisernen einen Punkt als Sieg der Moral. „Das 4-4-2 hat richtig gut ausgesehen“, bilanzierte FCK-Trainer Konrad Fünfstück, der am Tag nach dem Spiel wie in RHEINPFALZ am SONNTAG berichtet, aber zwei neue Hiobsbotschaften verarbeiten musste: Kacper Przybylko fällt mit einer Bänderverletzung am Sprunggelenk aus. Heute weiß man nach dem MRT mutmaßlich mehr. Am Freitag (18.30 Uhr) in der Partie beim SC Paderborn fehlt auch Maurice Deville, dessen Mittelhandknochenbruch eine Operation nach sich zieht. „Im Moment wird es uns nicht eben leicht gemacht“, sagte Fünfstück, der sich bei aller Enttäuschung über das Resultat „an vielen richtig guten Dingen“ im Spiel seiner Mannschaft erfreute. Die Suche des Aufsichtsrates nach einem Vorstand für Marketing und einem neuen Sportchef als Nachfolger von Stefan Kuntz dauert an. Die Zeit aber drängt. Die Verträge der Stammkräfte Löwe, Jenssen und Markus Karl laufen aus. Die Kaderplanung muss Sache des neuen Sportdirektors oder Sportvorstands im Zusammenwirken mit Fünfstück sein. Mit Kuntz verliert der FCK auch ein Gesicht, einen guten Botschafter der Marke FCK. Gefragt sind neue Macher mit Kompetenz, aber auch Leute, mit denen sich der Anhang identifizieren kann. Eine hohe Identifikation mit dem FCK besitzt Markus Merk. Vielleicht sollten die Verantwortlichen auf der Suche nach einem Vorstandsvorsitzenden einmal mit dem ehemaligen Welt-Schiedsrichter sprechen.
