Bad Dürkheim Ludwig, Liselotte und die Leistadter auf dem Wurstmarktfestzug

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6 aus 600 – 1689 bis 1750: Acht bis neun Nummern beim Wurstmarktfestzug werden aus Leistadt kommen. Allein ein halbes Dutzend aus dem Barock. Damals wurde das Rathaus wiederaufgebaut, das im Pfälzischen Erbfolgekrieg verwüstet worden war. Liselotte von der Pfalz ist dabei, Ludwig XIV. auch. Und D’Artagnan.

„Ach, mein Schwager ...“ Christine Schleifer hat gerade dem Bruder ihres Mannes erstmals ins Auge geblickt. Der heißt Ludwig und ist wie der Gemahl Franzose. Jürgen Schleifer braucht sich deshalb keine Gedanken zu machen: Ludwig der XIV. ist eine Pinselgestalt, Philipp von Orleans gar nicht vorhanden. Zumindest nicht auf den Motivwagen der Leistadter Vereine zum Wurstmarktfestzug. Dafür wird die 44-Jährige leibhaftig in einer Kutsche chauffiert. Als Liselotte von der Pfalz (1652 bis 1722). Ludwigs Prunkschloss in Leistadt ist mit Versailles nicht vergleichbar. Die Kerbeck’sche Scheune in der Pochelstraße dient ihm gerade als Quartier. Dort haben ihn Henning und Gisela Bauer, beide Kunstlehrer an Gymnasien, auf Pappe gemalt. Und auf einen Prospekt nebenan das, was er um 1689 verbrochen hat. Die Zerstörung der Pfalz. Samt ganz Leistadt und halb Dürkheim. „Die Pfalz ist mir“, haben sie ihm mit einem der 30, 40 Pinsel in der Dose aufs Wappenschild gemalt. Die Antwort der Einheimischen auf der Rückseite wird hier nicht verraten. Es wäre schade um den Gag. Nur so viel, dass damals natürlich auch der Wurstmarkt in Trümmern lag. Einer von denen, die ausgefallen sind ... Es ist und wird eine Pracht, wie die Leistadter sich ins Zeug legen. Bei der ersten Sitzung mit der Stadt haben sie sich eingedenk ihres barocken Rathauses sogleich diese Epoche geschnappt. Und bereits vor dem Rathaus beschlossen, dass nicht jeder Verein für sich wurstelt, sondern dass sie als Team agieren wollen. Den Dreispitz hat sich Axel Günther aufgesetzt, der auch Vorsitzender des Kerwevereins ist. Und beim „Ideenbasar“ am Kalten Büfett des Kirchbauvereins zum Jahresauftakt wurde das Konzept ausgeheckt, mit im Boot sind noch der TV und der FC Leistadt. Auf diese Weise sind allein ein halbes Dutzend „barocker“ Nummern entstanden. Mit Kutsche, Planwagen, drei Motivwagen und Günthers flotter „Ente“ von 1981. Damit werden der Ortsbeirat, Ludwig, Liselotte, Martin Kerbeck und ein Musikerkollege und nicht zuletzt das runderneuerte Barockrathaus (das Original wurde 1750 wiederaufgebaut) transportiert. Die Urheber- und Besitzrechte sind inzwischen geklärt: Der Verkehrsverein hat das Modell dem Kerweverein vermacht. Hinzu kommt Martin Preussner als geradezu prädestinierter D’Artagnan, der vom Musketier zum Fahnenträger umgeschult wurde, vier Soldaten als Eskorte für die Lieselotte, eine „Sonnengruppe“ in Doppelbezug auf das Ortsmotto („Leistadt – der Sonne am nächsten“ und den Sonnenkönig sowie jede Menge Fußvolk in der „Freundschaftsgruppe“ mit Winzerkittel und Batschkapp – weil das Verhältnis nicht nur zwischen den Nachbarn in der Pfalz und im Elsass ja mittlerweile ein gutes ist und auf dem Wurstmarkt eh. Da hat eines ins andere gegriffen, so der Eindruck des Außenstehenden. Sogar die Kutschgefährte stammen aus dem Ort von Elisabeth Pfirrmann. Und so wird derzeit an mehreren Stellen im Ort gewerkelt, darunter auch im Hof der Familie Brodbeck in der Hauptstraße, wo die Fußballer ein, sagen wir: wurstmarkttypisches Gebälk kurz vor dem Umzug auf einem Unimog verschrauben. Zwölf bis 15 Aktive bilden den harten Kern, insgesamt hoffen die Leistadter, dass sie etwa 50 Leute auf die Beine bringen. „Es wäre schön, wenn wir so viele zusammenbekämen“, sagt Ortsbeirätin Doris Kraus. Denn mancher marschiert in anderen Zugnummern mit, und die Dienstschichten in den Leistadter Wurstmarktständen wollen auch gut besetzt sein. „An der Kostümierung soll es nicht scheitern“, sagt Doris Kraus. Gisela Bauer verfüge über einen größeren Fundus, und in Günthers Anwaltsbüro zieren noch fünf Dreispitzhüte einen Aktenstapel. Im Übrigen seien die Gewänder bei weitem preiswerter als man vermute und sogar günstiger zu kaufen als zu leihen – je nach Rolle zwischen 40 und 60 Euro. Christine Schleifer hat sich für die RHEINPFALZ schon mal in Schale geworfen. Rot mit Gold, „Brokat“ mit Spitze – sie hofft wie wohl viele Umzugsteilnehmer auf angenehme Temperaturen: Den kratzigen Stoff ertrage sie nur in Skiunterwäsche, sagt sie. Na ja, so kalt muss es dann auch nicht werden ... Zur Serie 6 aus 600 – das sind sechs Jahreszahlen oder Zeiträume, die wir aus der Wurstmarkthistorie herauspicken. Wir erklären ihren Bezug zum Fest – und stellen die Gruppen vor, die sie beim Festzug aufleben lassen.

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