Donnersbergkreis Kein „Roundup“ auf dem Friedhof

Wen Unkraut auf dem Friedhof stört, der muss künftig wohl auch selbst mal Hand anlegen.

Kirchheimbolanden: Im Februar entschied der Stadtrat sich nach eingehender Diskussion dafür, auch weiterhin die Friedhofswege durch den Einsatz von glyphosathaltigem „Roundup“ sauber zu halten. Ein Antrag der Grünen auf Verzicht wurde abgelehnt. Was niemandem bewusst war: Der Einsatz dieser Mittel auf dem Friedhof ist bereits seit Mitte 2015 verboten

Bei der Ratssitzung im Februar hatten die Grünen gemeinsam mit Thomas Bock (Linke) einen Antrag vorbereitet. Sie forderten den Stadtrat auf, „auf den Einsatz von Herbiziden im Rahmen der Grünflächenpflege durch den städtischen Bauhof zu verzichten“. Zu dieser Zeit gingen auch der Vorsitzende der Stadtratsfraktion, Stephan Sauer, ebenso wie Thomas Bock noch davon aus, dass der Friedhof laut Definition als „gärtnerisch genutzte Fläche“ bewertet wird, also hier der Einsatz von Herbiziden noch erlaubt sei. Die Ratsmitglieder der anderen Fraktionen lehnten den Antrag nach längerer Diskussion letztlich mit zwölf zu vier Stimmen ab. Dass der Einsatz von „Roundup“ zu dieser Zeit durch einen Ministererlass vom Juli 2015 ohnehin bereits verboten war, wusste niemand im Stadtrat. Doch Sauer und Bock blieben dran und machten sich bei der für Pflanzenschutz zuständigen ADD in Trier zum Thema Glyphosateinsatz schlau. Schnell wurde ihnen klar, dass die Abstimmung im Stadtrat zu dieser Zeit bereits überflüssig war. „Der Einsatz von Glyphosat auf Friedhofswegen ist generell verboten, und in Rheinland-Pfalz können aufgrund ministeriellen Vorgaben auch keine Ausnahmegenehmigungen erteilt werden“, heißt es von Seiten der ADD. Als Sauer seine Ratskollegen bei der folgenden Sitzung darüber informieren wollte, wurde ihm lediglich Redezeit in der Einwohnerfragestunde zugestanden. „Man habe den Tagesordnungspunkt schließlich ausgiebig diskutiert“, teilte man ihm mit. Rechtlich wähnten sich die Ratsmitglieder samt Stadtchef Klaus Hartmüller auf der sicheren Seite. Für die Spritzungen habe man ja eine Genehmigung. Als Sauer sich aber nicht abwimmeln ließ und die Stadträte in der Einwohnerfragestunde über das Glyphosatverbot informierte, kamen dann doch Zweifel auf. „Wir prüfen das gerade“, sagte Hartmüller jetzt gegenüber der RHEINPFALZ, bekräftigte aber sein reines Gewissen: Die Stadt habe eine Genehmigung für die Spritzungen, und die sei auch nicht widerrufen worden. Dass die Sache also bisher juristisch einwandfrei gelaufen sei, diese Einschätzung teilt auch Umweltdezernent Albert Graf von der Kreisverwaltung. „Die zuständige Genehmigungsbehörde ist zwar jetzt die ADD und nicht mehr die Kreisverwaltung“, sagt er. Solange die Genehmigung aber nicht widerrufen wurde, sei das Ganze zumindest rechtlich nicht zu beanstanden. Ganz anders sieht diese Angelegenheit aber die ADD. „Eine Genehmigung nach dem Pflanzenschutzgesetz liegt (für die Stadt Kirchheimbolanden) nicht vor. Keinesfalls ersetzt eine Genehmigung nach der Landespflege von 2001 eine erforderliche und stets befristete Genehmigung nach dem Pflanzenschutzgesetz“, heißt es auf Nachfrage. Laut Definition nach dem Pflanzenschutzgesetz gehören Friedhöfe zu jenen Flächen, auf denen bis 2012 nur mit einer speziellen Genehmigung noch Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden darf. Aber diese „werden mittlerweile kaum noch von den Kommunen beantragt“, erklärt Norbert Wagner von der ADD, denn es bestehe „eigentlich keine Chance mehr, die auch zu bekommen“. Der Grund: Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) hatte im Juni 2015 dem bereits bestehenden „vorläufigen Ausbringungsverbot für glyphosathaltige Mittel“ noch eins draufgesetzt. Sie legte damals fest, dass „bis auf Weiteres grundsätzlich keine Ausnahmegenehmigungen ... für die Anwendung von Herbiziden mit dem Wirkstoff Glyphosat auf Nichtkulturland-Flächen ausgestellt werden“. Die Argumente der Ratsmitglieder, dass ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln den Friedhof nachhaltig verändern und sicher auch die Bevölkerung verärgern würde, laufen damit also ins Leere. Auch andere Kommunen stellt der Erlass vor schwierige Situationen. So hat die Stadt Trier eine Spezialfirma mit der Säuberung ihrer Friedhofswege auf thermischem Wege beauftragt. Das heißt, die Wege wurden mit heißem Wasser bearbeitet. Kosten: 20.000 Euro, nach etwa sechs Wochen war der unerwünschte Wildwuchs wieder da. Bei der Bundeswehr in Koblenz wurde speziell für die thermische Bearbeitung von Wegen ein Unimog angeschafft für rund 150.000 Euro. Trotzdem: „Die hohen Kosten als Argument für einen Einsatz von Glyphosat, das hat ebenso wie die Mehrarbeit keine Aussicht auf Erfolg“, heißt es von Seiten der ADD. Für Bauhof-Chef Jörg Freihöfer ist klar: Den Friedhof in seinem jetzigen Erscheinungsbild zu erhalten, „das schaffen wir auf gar keinen Fall“. Gerade wenn es wie derzeit abwechselnd Regen und warme Tage gebe, dann sprieße das Unkraut nur so. „Wir können dann auch mal abflammen oder auch mal jäten, aber das ist ein paar Tage später dann schon wieder gewachsen“. Gleichwohl: Der Einsatz von „Roundup“ sei vom Bauhof ohnehin seit einiger Zeit extrem zurückgefahren worden. „Am Ehrenmal und am Stadion haben wir schon seit Jahren nicht mehr gespritzt, und auch auf dem Friedhof gab es in diesem Jahr noch keinen Einsatz“, sagt Freihöfer. Aus Umweltgründen sei er da immer sehr vorsichtig gewesen. „Und ich habe ja auch eine Fürsorgepflicht meinen Leuten gegenüber.“ Wer glyphosathaltige Mittel einsetzt, der muss laut ADD mit einem Bußgeld von rund 50.000 Euro rechnen. Auch Unwissenheit schütze vor Strafe nicht. „Es gab zahlreiche Veröffentlichungen vom Gemeinde- und Städtebund. Da kann keiner sagen, er hätte es nicht gewusst.“

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