Donnersbergkreis Hebammen-Situation Stadtgespräch

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„Mein Enkelkind kommt bald zur Welt, aber leider kann es ja nicht hier in Kibo kommen“, erzählt ein werdender Opa bei einer Versammlung in Kirchheimbolanden. Eine Tischnachbarin bestätigt: „Die schicken die schwangeren Frauen weg, es gibt nicht genug Hebammen!“ Zwar sei das mittlerweile nicht mehr der Fall, meint der Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe, Dr. Robinson Ferrara. Aber er räumt ein: „Im Dezember mussten wir 32 Frauen wegschicken. Da hatten wir tatsächlich einen personellen Engpass“. Mittlerweile aber sei die Situation wieder entspannt, und keine Frau müsse Angst haben, dass sie mit Wehen in ein anderes Krankenhaus weiterziehen muss. Während Ferrara die Ursache für die unglückliche Situation zum Jahresende 2014 in einer längeren Krankheitsphase von zwei der zu dieser Zeit vier Hebammen sieht, machen einige ehemalige Hebammen unter anderem ein „unattraktives Arbeitsmodell“ am Westpfalz-Klinikum dafür verantwortlich. Gemeint damit ist die arbeitsrechtliche Umstellung der ursprünglich freiberuflichen Hebammen auf ein Angestelltensystem. Ein „absolut übliches Verfahren, das vom Tarifrecht gedeckt ist und auch an anderen Häusern zum Teil schon seit vielen Jahren praktiziert wird“, meint dazu der stellvertretende Referatsleiter am Krankenhaus Kirchheimbolanden, Manuel Matzath. Den freiberuflichen Hebammen sei gekündigt und gleichzeitig angeboten worden, sich im Haus anstellen zu lassen. Matzath begründet den Hintergrund dieser Entscheidung: „Wir hatten arbeitsrechtlich absolut keinen Zugriff auf die Hebammen, sie haben die Geburten im Haus gemacht, sich danach zwei Stunden um die Frauen gekümmert, anschließend waren sie weg.“ Das Ziel der „neuen“ Geburtshilfe unter Chefarzt Ferrara aber sei, den Frauen ein weitreichenderes Angebot als bisher zu machen. „Nach unserem neuen Modell arbeiten die Hebammen acht Stunden in der Geburtshilfeabteilung und anschließend im Bereitschaftsdienst, sie sind demnach 24 Stunden greifbar.“ Für die ehemals freien Hebammen sei dieses Modell nicht attraktiv gewesen. Doch aus Sicht der früheren Hebammen greift diese Sichtweise zu kurz. Sie sprechen von vorausgegangenen „jahrelangen Machtkämpfen“, die ihren Ursprung bereits in den Jahren vor Chefarzt Ferrara hätten. Von einer hebammenfeindlichen Stimmung ist dabei die Rede und einer fehlenden Wertschätzung für die Arbeit der Geburtshelferinnen. Besonders gravierend dürfte die Situation für diese Frauen gewesen sein, weil sie hier in Kirchheimbolanden traditionell eine außergewöhnlich starke Stellung hatten. Zurück geht sie auf das Gynäkologenehepaar Lothar und Edeltraud Sießl, die sich als Pioniere der sanften Geburt einen Namen und die Geburtshilfe Kirchheimbolanden über die Kreisgrenzen hinaus bekanntgemacht hatten. Die „sanfte Geburt“ nach Leboyer und die weitreichende Unterstützung für stillende Frauen war hier bereits früh Standard. Die Geburtshilfe galt besonders in den 80er und 90er Jahren als Mekka für die sanfte Geburt, Kernstück waren die starken Hebammen, die „ihre“ Frauen während der Schwangerschaft, der Geburt und in den ersten Wochen danach begleiteten. „Wir wurden zwar als Aushängeschild dieser Abteilung betrachtet, aber uns fehlte am Ende die Unterstützung“, beklagt eine Hebamme aus dieser Zeit. Dabei sei die starke Stellung der Geburtshelferinnen sogar rechtlich verankert. „Immerhin darf eine Hebamme eigenständig eine Geburt leiten, Ärzte dagegen nicht“, sagt sie. Für sie ist klar: Hätte das Arbeitsklima in der Geburtshilfe am Klinikum nicht immer mehr eingebüßt, dann hätten sie ihren Arbeitsplatz dort nicht aufgegeben, auch nicht nach einem gezwungenen Wechsel ins Angestelltenverhältnis. Als Verstärker in diesem Arzt-Hebammen-Konflikt wirkte, dass Geburten und Schwangerschaften auch immer gesellschaftlichen Trends unterliegen, also eine Art Modeerscheinung sind. Immer häufiger wurde auch in Kirchheimbolanden in den vergangenen 15 Jahren der Wunsch nach einer natürlichen Geburt von dem nach einem geplanten Kaiserschnitt abgelöst. Stars wie Shakira, die kürzlich ihren zweiten Sohn nach dem Terminkalender zur Welt brachte, machen es vor. Mit diesem Imagewechsel wurde die Stellung der Ärzte bei der Geburtshilfe stärker, die der Hebammen schwächer. Auch Ferrara bestätigt dieses Umdenken in der Geburtshilfe in den vergangenen Jahren, dem er sich nicht entgegenstellen wolle. „Nach der Abwägung von Risiken ist für mich aber der Wunsch der Frau ein ausschlaggebendes Kriterium“, so der Chefarzt. Zum anderen hätten sich auch die medizinischen Leitlinien in diesem Bereich verändert, Sicherheit durch mehr ärztliche Kontrollen hätte heute einen höheren Stellenwert. Die im Dezember schwierige Lage am Klinikum will Ferrara aber damit nicht in Verbindung bringen. Für ihn ist die Präsenzpflicht der Geburtshelferinnen im Klinikalltag ein entscheidender Vorteil für die Frauen. Dass Neuerungen nicht immer auf Begeisterung stoßen, das könne man nicht ändern, meint er. Das Wichtigste für ihn aber sei, dass die Situation in der Geburtshilfe derzeit wieder entspannt sei. „Wir haben immer eine Hebamme vor Ort, die Frauen müssen sich keine Sorgen machen, wenn sie hierher kommen“, meint Ferrara.

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